Vorlage - VO/2019/07841  

Betreff: "Arbeitnehmervertreter*innen in den Aufsichtsräten", Antwort auf die Anfrage VO/2019/07775, Hauptausschuss 04.06.2019
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Bürgermeister Jan Lindenau
Federführend:1.203 - Beteiligungscontrolling Bearbeiter/-in: Beyer, Jesko
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
18.06.2019 
18. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Anfrage (VO/2019/0775 in ergänzter Fassung) aus dem Hauptausschuss am 04.06.2019

 


Begründung

Zur Sitzung des Hauptausschusses am 04.06.2019 lagen folgende Fragen des Ausschlussmitglieds Frau Duggen/des stellvertretenden Mitglieds Herr Dr. Flasbarth vor. Frage 4 wurde in der Sitzung ergänzt:

 

1) Wird der Bürgermeister sicherstellen, dass in der kommenden Aufsichtsratsperiode Arbeitnehmervertreter*innen in den Aufsichtsräten aller städtischen Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften vertreten sind (ggf. über rechtliche Mindestanforderungen hinaus)?

2) Wenn nein, in welchen städtischen Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften werden keine Arbeitnehmervertreter*innen vertreten sein? Warum nicht?

3) Welche negativen Folgen für die Arbeitsbeziehungen sieht der Bürgermeister für städtische Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften ohne Arbeitnehmervertreter*innen?

[Ergänzung aus der Sitzung:

4) Kann durch einen Bürgerschaftsbeschluss entschieden werden, dass eine Arbeitnehmervertretung stattzufinden hat, obwohl diese gesetzlich nicht vorgesehen ist?]

Der Bürgermeister wird gebeten, diese Anfrage bis spätestens zur Hauptausschusssitzung am 18.06.2019 zu beantworten, um die Bürgerschaft in die Lage zu versetzen, ggf. eine Mindestarbeitnehmervertretung rechtzeitig vor der Konstituierung der neuen Aufsichtsräte sicherzustellen.

 

Die Fragen werden wie folgt beantwortet:

 

zu 1)

Nein (Begründung s. u.).

 

zu 2)

Nach Umsetzung der von der Bürgerschaft am 23.05.2019 erfolgten Neuwahl der städtischen Aufsichtsratsmitglieder sind in folgenden Gesellschaften keine Arbeitnehmervertreter/-innen (Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft stehen) im Aufsichtsrat vertreten:

-          BQL Berufsausbildungs- und Qualifizierungsagentur Lübeck GmbH;

-          Grundstücksgesellschaft Metallhüttengelände mbH;

-          Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH;

-          KWL GmbH;

-          Lübeck und Travemünde Marketing GmbH;

-          Lübecker Musik- und Kongreßhallen Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

-          Theater Lübeck gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

-          Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH.

 

In diesen Gesellschaften werden entsprechend den jeweiligen Gesellschaftsverträgen ausschließlich von den Gesellschaftern bzw. von der Hansestadt Lübeck (Bürgerschaft) Aufsichtsratsmitglieder bestellt. Soweit bekannt wurden von den Fraktionen keine Arbeitnehmervertreter/-innen vorgeschlagen und von der Bürgerschaft entsandt.

 

zu 3)

Keine.

 

Zu 4)

Die städtischen Gesellschaften, in denen nach dem Gesellschaftsvertrag Arbeitnehmervertreter*innen im Aufsichtsrat vertreten sind, fallen bzw. fielen unter das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). Danach ist ab 500 regelmäßig Beschäftigten zwingend ein Aufsichtsrat zu bilden (obligatorischer Aufsichtsrat), seine Zusammensetzung ergibt sich aus dem DrittelbG. Darüber hinaus gibt es in den Gesellschaften des Stadtwerke-Konzerns in den Gesellschaftsverträgen die Regelung, dass ergänzend auch zwei Vertreter/-innen von der Gewerkschaft VERDI entsandt werden und damit quasi eine paritätische Besetzung der Aufsichtsräte. Diese Regelung basiert auf einer Vereinbarung der Hansestadt Lübeck mit der Gewerkschaft ÖTV (heute: VERDI), die anlässlich der Umgründung des Eigenbetriebes „Stadtwerke Lübeck“ in private Rechtsträger (GmbH) im Jahre 1999 geschlossen wurde. Diese Vereinbarung ist bis zum 31.12.2020 festgeschrieben und danach mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Monats kündbar.

 

Darüber hinaus ist gesellschaftsrechtlich kein Aufsichtsrat vorgesehen, er kann in der GmbH aber freiwillig gebildet werden (fakultativer Aufsichtsrat). Die Gemeindeordnung (GO) verlangt dies (grundsätzlich, mit Ausnahmen) für Gesellschaften mit städtischer Beteiligung. Die Hansestadt Lübeck ist dann verpflichtet, im Gesellschaftsvertrag für sich das Recht zu verankern, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden (§ 102 GO) und im Gesellschaftsvertrag eine Weisungsbefugnis der Hansestadt Lübeck für diese Aufsichtsratsmitglieder zu verankern. Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel ist, dadurch einen angemessenen Einfluss der Hansestadt Lübeck in der Gesellschaft sicherzustellen.

 

In fakultativen Aufsichtsräten wäre es aus gesellschaftsrechtlicher Sicht grundsätzlich möglich, im Gesellschaftsvertrag festzuschreiben, dass Arbeitnehmervertreter/-innen dem Aufsichtsrat angehören.

 

Die Bürgerschaft könnte beschließen, dass entsprechende Regelungen in die Gesellschaftsverträge aufgenommen werden sollen.

 

Klärungsbedürftig wäre in dem Fall, wer diese Arbeitnehmervertreter/-innen nach welchem Verfahren benennen/auswählen/vorschlagen soll (Beschäftigte? Betriebsrat? Gewerkschaften?).

 

Weiterhin wäre im jeweiligen Einzelfall zu klären, ob eine solche Regelung – die  der Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen wäre – kommunalrechtlich zulässig wäre. Maßgeblich dafür wäre die Frage, inwieweit die Hansestadt Lübeck freiwillig Einfluss im Aufsichtsrat aufgeben darf und ab wann ihr Einfluss auf die Gesellschaft dadurch nicht mehr „angemessen“ im Sinne des § 102 GO wäre. In jedem Fall ist nach der bisherigen Haltung der Kommunalaufsichtsbehörde davon auszugehen, dass die Festschreibung einer  Weisungsbefugnis der Hansestadt Lübeck ggü. diesen „freiwilligen“ Arbeitnehmervertreter/-innen im Gesellschaftsvertrag verlangt werden wird.

 

Die Musterregelungen gemäß PCGK wurden flächendeckend umgesetzt. Die derzeitigen Regelungen über die Zusammensetzung der Aufsichtsräte sichern im Rahmen des gesetzlich und (betreffend den SWLH-Konzern) vertraglich Möglichen einen maximalen Einfluss der Hansestadt Lübeck auf ihre Beteiligungen im Sinne der Gemeindeordnung, jede Öffnung der Aufsichtsräte für Dritte würde – unter diesem Gesichtspunkt – eine Verschlechterung der städtischen Einflussnahmemöglichkeiten bedeuten.

 


Anlagen

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