Vorlage - VO/2019/07545  

Betreff: Deponie Ihlenberg: aktueller Sachstand
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Ludger Hinsen
Federführend:3.390 - Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz Bearbeiter/-in: Schäfer, Dietmar
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zur Kenntnisnahme
21.05.2019 
6. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung (Wahlperiode 2018 - 2023) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
23.05.2019 
8. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
190507_WM Mecklenburg Vorpommern_Beirat der Deponie Ihlenberg Schreiben vom 07.05.19
190430_Koop_Antwort Minister Albrecht_neuer Standort für eine Deponie der DK III-Klasse

Beschlussvorschlag

1. Einlagerung von Giftstoffen auf der Müll-Deponie Ihlenberg - Antrag der Fraktion Freie Wähler & GAL vom 29. November 2018 - VO/2018/06768 (in den Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung überwiesen).

 

2. Giftmülldeponie Ihlenberg schließen - Interfraktioneller Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, AfD, Freie Wähler & GAL, DIE LINKE und FDP vom 28. März 2019 – VO/2019/07293.

 

 


Begründung

Die Lübecker Bürgerschaft und der Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung haben sich nach dem Bekanntwerden ab November 2018 mit der Berichterstattung über Überschreitungen bei den Zuordnungswerten für einige Schwermetalle beim Abfallannahmeprocedere der Deponie Ihlenberg beschäftigt. Die Geschäftsführung der IAG mbH war in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung am 20. November 2018 anwesend und hatte zu der Berichterstattung Stellung genommen. Die Ausschussmitglieder hatten nach einem intensiven Meinungsaustausch und einer ausführlichen Beratung eine Reihe von Beschlüssen zum Schutz der Lübecker Bevölkerung gefasst und eine Wiederaufnahme der Hansestadt Lübeck in den Beirat für Umweltfragen der Deponie Ihlenberg gefordert. Über die erfolgten Aktivitäten der Stadtverwaltung wurden die Ausschussmitglieder ständig unterrichtet.

Im vorliegenden Zwischenbericht werden die noch offenen Fragen der Fraktion Freie Wähler & GAL beantwortet sowie der aktuelle Sachstand der Umsetzung des Interfraktionellen Antrags dargestellt.      

Im Antrag der Fraktion Freie Wähler & GAL wurden folgende Fragen zu Ablagerungen auf der Sonderabfalldeponie Ihlenberg gestellt:

Frage 1:

Welchen aktuellen Kenntnisstand hat die Verwaltung der Hansestadt Lübeck hat über das Ausmaß des durch den Prüfbericht des beauftragten Mitarbeiters des Finanzministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern, öffentlich gewordenen dauerhaften und eklatanten Grenzwertüberschreitungen bei der Einlagerung von Giftstoffen in der Mülldeponie Ihlenberg?

Antwort:

Dem Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz (UNV) liegen die im Zusammenhang mit dem Prüfbericht Innenrevision veröffentlichten Dokumente vor:

-           Prüfbericht Innenrevision/Compliance

-          Bericht der Geschäftsführung der IAG mbH

-          Medieninformation der IAG mbH + Anlage "Hintergrund"

-          Gutachten der Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll "Prüfung von Entsorgungsvorgängen und des betrieblichen Kontrollsystems im Rahmen der Abfallannahme".

Frage 2:

Inwieweit diese zusätzlichen und zum Teil strahlenbelasteten Einlagerungen das Gefährdungsrisiko insbesondere für die Trinkwasserversorgung der Lübecker Bevölkerung erhöhen?

Antwort:

Die Sonderabfälle werden auf der Deponie Ihlenberg ordnungsgemäß nach dem Stand der Technik auf basisabgedichteten Flächen abgelagert. Ein Austreten von Schadstoffen in den Grundwasserpfad ist hier nach menschlichem Ermessen nicht zu besorgen. Problematisch bleibt jedoch der stillgelegte Altteil der Deponie, der als Basisabdichtung nur über eine geologische Barriere verfügt. Das regelmäßige Grundwassermonitoring der IAG mbH sowie die Grundwasseruntersuchungen des Bereichs UNV an der Landesgrenze haben bislang noch keine Nachweise ergeben, dass deponiebürtige Schadstoffe Lübecker Grundwässer verunreinigen. Da dies für die Zukunft nicht völlig auszuschließen ist, wird die entsprechende Entwicklung durch den Bereich UNV genau beobachtet.

Frage 3:

Welche zusätzlichen Maßnahmen die Verwaltung der Hansestadt Lübeck eigenständig oder in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns ergreift, um jegliche Gefährdung der Lübecker Bevölkerung durch das Einsickern von Giftstoffen in den Erdboden unter die Deponie und in die dort verlaufenden Grundwasserleiter sowie den Transport von Schadstoffen über Oberflächengewässer dauerhaft auszuschließen?

Antwort:

Die behördliche Zuständigkeit für die Deponie Ihlenberg liegt in Mecklenburg-Vorpommern. Aufsichtsbehörde ist das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg. Mitwirkungsmöglichkeiten der HL gibt es nur auf dem Wege des guten Einvernehmens mit den zuständigen dortigen Behörden und Ministerien.

Um über aktuelle Entwicklungen informiert zu sein und Lübecker Belange einzubringen, hat es die HL mit Unterstützung des MELUND erreicht, wieder einen Sitz im Deponiebeirat zu erhalten (Anlage 1). Zwar handelt es sich um einen nicht stimmberechtigten Gaststatus, aber das Lübecker Begehren, umfangreiche Information über Deponieangelegenheiten zu erhalten, kann auch hierdurch gewährleistet werden.

Zur Information des USO werden die jährlichen Grundwassermonitoring-Berichte den Mitgliedern des Fachausschusses durch die Geschäftsführung präsentiert. Der letzte Endbericht „Grundwassermonitoring 2017“ mit den wesentlichen Grundwassermessdaten der Jahre 2009-2017 ist auf der Webseite der IAG mbH vor kurzem veröffentlicht worden (der entsprechende Hinweis ist den Ausschussmitgliedern zeitnah zugegangen), eine Präsentation durch die Geschäftsführung im Ausschuss wird in einer der nächsten Sitzungen erfolgen.

Für die geplante neue epidemiologische Studie zur Krebshäufigkeit wurde erreicht, dass Lübecker Stadtteile mit einbezogen werden.

 

Im Jahr 2020 ist eine weitere Untersuchung des Hauptgrundwasserleiters im Bereich der Landesgrenze geplant. Es soll auch ein Untersuchungsprogramm durchgeführt werden, welches eine Probenahme an den Zuflüssen zur Wakenitz und zum Dassower See beinhaltet.

 

Mit dem Beschluss des Antrags „Giftmülldeponie Ihlenberg schließen“ beauftragte die Bürgerschaft den Bürgermeister mit folgenden Maßnahmen:

  • ergänzende Untersuchungen/Beprobungen an den Zuflüssen aus Richtung Ihlenberg in Lübecker Gewässer (Jabsbek/Stegnitz), wie Dassower See und Wakenitz, für Wasser und Sediment durch einen unabhängigen Gutachter einzuleiten und
  • auf die Landesregierung Schleswig-Holsteins einzuwirken, gemeinsam mit den norddeutschen Bundesländern nach einem neuen Standort einer Deponie der DK III-Klasse zu suchen, um eine möglichst frühzeitige Schließung der Deponie Ihlenberg zu ermöglichen.

 

In den Jahren 1981-1991 wurden die aus dem Osten in die Wakenitz einmündenden Gewässer sowie Jabsbek- und Stepenitzmündung in Zusammenarbeit von DDR-Behörden, dem Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten, dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schleswig-Holstein und dem damaligen  Eigenbetrieb Lübecker Stadtwerke regelmäßig (i.d.R. vierteljährlich) beprobt. Diese Beprobungen wurden 1991 eingestellt.

Palinger und Lüdersdorfer Graben gehören zum westlichen und südwestlichen hydrologischen Einzugsgebiet der Deponie Ihlenberg. Diese Gewässer wurden das letzte Mal 2012 in Kooperation von IAG mbH und dem Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz untersucht. Einen Befund zu einer deponiebedingten Beeinträchtigung ergab sich nicht.

Die Jabsbek entspringt etwa 2,5 km westlich der Deponie Ihlenberg und fließt in den westlichen Dassower See. Die Stepenitz/Maurine fließt in ca. 3,5 km Entfernung südöstlich der Deponie durch Schönberg zum Ostende des Dassower Sees.

Eine Beprobung von Wasser und Sedimenten von Jabsbek und Stepenitz kann an ihren Mündungen am Dassower See grundsätzlich erfolgen. Eine ernsthafte Gefahr für den Dassower See durch die Deponie Ihlenberg ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Der Abfluss des deponierelevanten Grundwassers erfolgt in südöstlicher Richtung. An der Nordgrenze des Deponiegeländes befindet sich eine Grundwasserscheide. Das heißt, dass die oberflächennahen Grundwässer, die von der Deponie beeinträchtigt sein können nicht in Richtung Dassower See fließen. Für den Grundwasserschaden auf dem Bockholzberg nördlich der Deponie Ihlenberg werden andere Transportmedien angenommen. Hier wird von einem Schadstofftransport ins Grundwasser durch Deponiegasmigration ausgegangen.

 

Angesichts der glazialtektonischen Überprägung und der komplizierten Grundwasser-leiterstruktur im Bereich Ihlen-/Bockholzberg ist dennoch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich Schadstoffe über das Grundwasser auch nach Nordwesten ausbreiten können.

 

Das Untersuchungsprogramm sollte sich aus fachlicher Sicht der Unteren Wasserbehörde aus folgenden Maßnahmen zusammensetzen:

  1.  Eine Neubewertung der vorliegenden Wasseranalytik aus den Jahren 1981-1991.
  2.  Vierteljährliche Entnahme und chemische Analytik von Wasserproben (länger als 1 Jahr) an den Mündungen von Palinger und Lüdersdorfer Graben in die Wakenitz sowie an den Mündungen der Jabsbek und der Stepenitz. Die Analytik soll auch deponietypische Isotopen umfassen.

 

Die Kosten des oben skizzierten Untersuchungsprogramms sind derzeit noch nicht abzuschätzen, dürften sich aber im Bereich von ca. 20.000 - 30.000 EUR bewegen.

Herr Senator Hinsen hat Herrn Umweltminister Albrecht in einem Schreiben gebeten, die Suche nach einem neuen Standort für eine DK III - Deponie im norddeutschen Raum voranzutreiben, damit die Deponie Ihlenberg früher als geplant geschlossen werden kann (als Anlage 2 beigefügt).

 

 


Anlagen

Anlage 1 – Antwortschreiben des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern zum Gaststatus der Hansestadt Lübeck im Beirat der Deponie Ihlenberg vom 07. Mai 2019

Anlage 2 - Schreiben von Senator Hinsen an den Umweltminister Schleswig-Holstein Jan Philipp Albrecht vom 30. April 2019

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich 190507_WM Mecklenburg Vorpommern_Beirat der Deponie Ihlenberg Schreiben vom 07.05.19 (307 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich 190430_Koop_Antwort Minister Albrecht_neuer Standort für eine Deponie der DK III-Klasse (331 KB)