Der Bürgermeister wird mit BÜ-Beschluss vom 30.11.2017 und 12.12.2017 beauftragt, „ folgende Standards für die Unterbringung der im folgenden genannten Personengruppen unverzüglich umzusetzen.
I. Geflüchtete:
Geltungsbereich: Belegung von Containerunterkünften und Gemeinschaftsunterkünften,
ohne abgeschlossene Wohnungen.
Beginnen möchten wir in folgenden GU' s: Bornkamp, St. Hubertus, Schlutuper Straße, Fabrikstrasse, Blankensee, Ostseestrasse, Fackenburger Allee, Wallstraße und Steinrader Weg.
1.) Begrenzung der Belegung auf max. 2 Alleinreisende je Zimmer/Container/-Neustädter Häuschen bei einer Zimmergröße von 18 Quadratmetern. (z.Zt. Bis zu 4 Alleinreisende je Zimmer/ Container)
2.) Paare ohne Kinder erhalten ein Einzelzimmer (min. 12 qm)
3.) Familien mit Kindern > 6 Jahre erhalten mindestens zwei Zimmer (min. 6 qm pro
Person). Ab dem dritten Kind ist ein drittes Zimmer anzubieten
4.) Vorhalten von 1 Lernzimmer je 8 Wohngemeinschaften
5.) Vorhalten von 1 Gemeinschaftsraum
6.) Vorhalten von 1 Spielzimmer auf max. 10 Kinder, dort wo Kinder leben. Bei mehr
Kindern entsprechend mehr Spielzimmer mit altersangemessener Ausstattung.
1 WG = Familie/ Paar/ 2 Alleinerziehende
Größe der Lernzimmer mind. 6 qm, bzw. 1,5 qm je WG.
Ausnahmen von den o.g. Regelungen sind möglich bei Einsetzen einer neuen Flüchtlingswelle.
Über die Umsetzung ist quartalsmäßig im Sozialausschuss zu berichten.“
Der Beschluss, der im Rahmen des Haushaltsbegleitbeschlusses gefasst wurde, hat erhebliche finanzielle Auswirkungen und kann erst nach Inkrafttreten des Haushaltes umgesetzt werden.
Unabhängig davon hat der Bereich Soziale Sicherung anhand der tatsächlichen Belegung der im Beschluss aufgeführten Unterkünfte die Auswirkungen der Beschlussumsetzung, wie in Anlage 1 dargestellt, geprüft.
Die bauliche Struktur der genannten Unterkünfte ist sehr unterschiedlich. Sie differiert zwischen Zimmergrößen von 10 qm bis 58 qm, von gemeinschaftlicher Nutzung von Sanitär- und Küchenbereich (z.B. Ostseestr., Fabrikstr., Fackenburger Allee u.a. ) als auch einzelner Unterkünfte mit eigenem Bad und Küche („Neustädter Häuschen“ im Polarisweg und Schärenweg).
Die sehr konkreten Vorgaben des Beschlusses führen in der Umsetzung zu Folgen, die aus Sicht des Bereichs Soziale Sicherung sozial unverträglich wären:
- Familien, insbesondere Kinder, müssen aus ihrer Anbindung (Schule, Kita, Freunde…) gerissen werden
- Konzentration von Alleinreisenden an einem Standort
- Verhältnismäßig große Zimmer können nur noch mit max. 2 Personen bzw. einem Paar mit einem Kind bis 6 Jahre belegt werden
- Unterbringung von Familien mit nur einem Kind zwischen 3 und 6 Jahren im Schärenweg und Polarisweg
Legt man die konkrete Belegung im Januar 2018 zugrunde, müssten insgesamt rund 220 Personen umziehen. Rund ein Drittel könnten in anderen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, aber für zwei Drittel müssten neue Gemeinschaftsunterkünfte angemietet bzw. geschaffen werden.
Um sämtliche Vorgaben aus dem Beschluss umsetzen zu können, wird eine größere Umzugswelle nicht nur innerhalb der Einrichtungen, sondern auch von einer Einrichtung in eine andere erforderlich sein (Ringtausch).
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die bewusst angestrebte Mischbelegung insbesondere im Schärenweg und im Polarisweg nicht mehr umgesetzt werden könnte. Aufgrund der Vorgabe des Beschlusses könnten an diesen Standorten nur noch 2 Alleinreisende oder ein Paar mit einem Kind zwischen 3-6 Jahren untergebracht werden.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine entsprechende Durchmischung in der Bewohnerstruktur zu einer deutlich höheren sozialen Verträglichkeit innerhalb und außerhalb der Unterkünfte führt. Bei einer Aufgabe der bisherigen Belegungsweise ist auch mit negativen Reaktionen aus dem nachbarschaftlichen Umfeld zu rechnen.
In der Folge der Umsetzung des Beschlusses würde sich auch die Belegungscharakteristik der anderen Gemeinschaftsunterkünfte verändern. Es entstünden Standorte, in denen fast ausschließlich Alleinreisende untergebracht wären, mit den oben beschriebenen Auswirkungen.
Kosten
Die Auslastung in den betroffenen Unterkünften würde bei Umsetzung des Beschlusses auf 36 % bis 60% sinken.
Die Refinanzierung der Gemeinschaftsunterkünfte über das Asylbewerberleistungsgesetz und SGB II ist bei einer 80%igen Belegung gegeben. Sofern die Belegung noch weiter reduziert wird, ergibt sich eine fehlende Gegenfinanzierung von errechneten 1,6 Mio. EUR pro Jahr. Hinzu kommen fehlende Plätze, die neu geschaffen werden müssen. Diese Kosten liegen bei rund 590 TEUR pro Jahr.
Weiterhin sind die Kosten für die Um-/Auszüge zu berücksichtigen, die Höhe kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden.
Fazit:
Aus den genannten Gründen wird vorgeschlagen, bei der Umsetzung des Beschlusses folgende Parameter zu berücksichtigen:
- Die soziale Durchmischung in den Unterkünften wird im Interesse der geflüchteten Menschen als auch der Nachbarschaften weiterhin gewährleistet.
- Umzüge werden vorrangig innerhalb der Unterkunft realisiert, um das persönliche Umfeld weiterhin zu gewährleisten.
- Die Umsetzung erfolgt nicht ad hoc, sondern sukzessive. Es werden vor allem die durch Auszüge frei werdenden Räume genutzt.
- Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der bestehenden Unterkünfte, ggfs. auch durch Mietvertragsverlängerung.
- Erforderlichkeit von Lernzimmern, insbesondere im Schärenweg/Polarisweg, werden mit Blick auf die besondere Form der Unterbringung (Neustädter Häuschen) gesondert betrachtet
- Die beschlossenen Raumrichtwerte werden bei der Belegung grundsätzlich berücksichtigt. Es können unter Berücksichtigung persönlicher Strukturen, der Herkunftsländer, Glaubensrichtungen, Krankheiten und familiären Strukturen der Geflüchteten sowie möglicher Familiennachzüge und besonderer räumlicher Strukturen etc., Ausnahmen erfolgen.