Bericht:
Im Zuge der Planungen zur Generalsanierung der Hochleistungskorridore im deutschen Schienennetz[1] hat die DB InfraGO AG 40 Trassen in Deutschland als vorrangig zu ertüchtigende Korridore identifiziert. Hierzu zählt auch die Strecke Hamburg – Lübeck (Streckennummer 1120). Eine Generalsanierung bedeutet dabei Vollsperrung der Strecke über den vorgesehenen Zeitraum und vollständige Auswechselung und Ertüchtigung von Gleisen, Oberbau, Fahrdraht sowie Leit- und Sicherungstechnik (LST). Durch die Vollsperrung verspricht sich die DB nach unseren Kenntnissen eine Beschleunigung der Maßnahmendurchführung im Vergleich zu einer Sanierung unter Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs. In einigen Korridoren, wie z.B. Hamburg – Lübeck, war darüber hinaus auch die Ausrüstung der Strecken mit European Train Control System (ETCS) vorgesehen. ETCS ist eine wesentliche Voraussetzung für die Digitalisierung des Zugverkehrs bis hin zur signalfreien Zugablaufsteuerung. Pilotstrecke bzw. die 1. Korridorsanierung war die mittlerweile sanierte Riedbahn.
Im November 2023 erfuhr die Hansestadt Lübeck in Gesprächen mit DB InfraGO AG auf Arbeitsebene von den Planungen, die Generalsanierung der Strecke Hamburg – Lübeck auf den Zeitraum August bis Dezember 2027 vorzuverlegen, um dadurch Synergien bei der Umsetzung der S4-Planungen ausnutzen zu wollen. Bis zu dem Zeitpunkt waren in Lübeck ausschließlich Planungen bekannt, die vorsahen, die Strecke 1120 erst nach dem Ausbau und der Elektrifizierung der Strecke Lübeck – Bad Kleinen, inklusive der Schaffung der südgehenden Verbindungskurve in Bad Kleinen, zu sanieren.
Die im November 2023 artikulierte Planung sieht nun vor, dass Lübeck in der Zeit August bis Dezember 2027 nur über die eingleisige, nicht elektrifizierte Strecke Büchen – Lübeck (Streckennummer 1121) erreichbar wäre. Unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Planung hat die Hansestadt Lübeck in Schreiben an das BMDV, das MWVATT in Kiel sowie an DB InfraGO AG ihre Sorgen und Bedenken geäußert und um eine enge Abstimmung zur Sicherstellung einer ausreichenden schienentechnischen Erreichbarkeit Lübecks gebeten.
In gemeinsamer Abstimmung zwischen der Hansestadt Lübeck, der IHK und der Transportwirtschaft ist dann ein Prozess gestartet worden, der zum Ziel hatte die Planungen zu verfeinern und die möglichen Betriebsabläufe zur Sicherstellung dieser ausreichenden Erreichbarkeit Lübecks sowohl im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als auch im Schienengüterverkehr (SGV) zu ermitteln. Bei der Aufstellung der Betriebsszenarien ist dabei Grundlage das die geringeren zur Verfügung stehenden Schienenkapazitäten verträglich auf beide Verkehrsarten verteilt werden. Damit ist automatisch verbunden, dass im Maßnahmenfall nicht die heuten vorhandenen Kapazitäten sichergestellt werden können. Aus Sicht der Hansestadt ist damit automatisch verbunden, dass die heutigen Bedarfe beider Verkehrsarten nicht sichergestellt sind.
Am 30.10.2024 hat die Verwaltung gemeinsam mit der IHK, der Hafenwirtschaft und externen Gutachtern über die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse sowie das bisherige Vorgehen geladene Vertreter der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik informiert.
Aus Sicht der Hansestadt Lübeck zeigen die Ergebnisse, dass die Abwicklung der im Fahrplan verkehrenden KV-Züge sowie des SPNV während der Generalsanierung als kritisch anzusehen ist. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der motorisierte Individualverkehr zu dem Zeitpunkt signifikant steigen wird sowie dass die SGV Verkehre auf die Straße und/oder andere Ostseehäfen ausweichen. Hierbei wird ein Ausweichen der aus Westdeutschland kommenden Verkehre auf den Hafen Rostock aufgrund der parallel stattfindenden Sanierung der Strecke Lehrte – Berlin als kaum realistisch angesehen. Damit ist hier eine generelle Verlagerung auf die Straße wahrscheinlich.
Am 12.12.2024 fand dann auf Einladung des MWVATT in der IHK Lübeck eine weitere Veranstaltung unter Beteiligung der Stadt, der IHK sowie der Transport- und Hafenwirtschaft statt, bei der die Ergebnisse der Betriebsablaufplanung der DB InfraGO AG dargestellt wurden. Die zusammenfassenden Ergebnisse lauten wie folgt
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- Die Anwesenden sind sich einig, dass die Generalsanierung der Strecke Hamburg – Lübeck nur erfolgreich verlaufen wird, wenn der Hafen Lübeck während des gesamten Sanierungszeitraumes per Schiene vollumfänglich erreichbar bleibt. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist neben der Umleitungsstrecke Lübeck - Büchen die weitere Strecke Lübeck – Bad Kleinen zwingende Voraussetzung.
- DBInfraGO erstellt eine Synopse, in welcher die beiden Szenarien 1. GSH mit Vollsperrung der Strecke Lübeck – Bad Kleinen und 2. GSH ohne Vollsperrung der Strecke Lübeck – Bad Kleinen gegenübergestellt werden sollen.
- Mit Hilfe der Synopse wird die DBInfraGO unter Einbeziehung der Länder SH und MV Gespräche mit dem Bund wegen einer mögl. Unterbrechung des Ausbaus der ABS Lübeck – Bad Kleinen in der 2. JH 2027 führen.
Aus Sicht der Verwaltung erfordert eine vollumfängliche Erreichbarkeit auch die Sicherstellung einer Mindest-Leistungsfähigkeit. Diese definiert sich aus der aktuellen Fahrplanlage im SGV. Dabei ist ein wesentliches Kernelement der im Fahrplan verkehrende und auf die Fährabfahrten getaktete KV-Verkehr, der vom Markt in der jetzigen Struktur genutzt wird und in den letzten Jahren und in der Prognose Zuwachs erfährt.
Vor diesem Hintergrund berichtet die Verwaltung über die mit dieser Planung einhergehenden Herausforderungen für die HL in der Abwicklung sowohl der Pendler- wie auch der Güterverkehre.