Auszug - Weitere Antworten zu Anfragen aus vorangegangenen Sitzungen  

58. Sitzung des Bauausschusses
TOP: Ö 6.1.1
Gremium: Bauausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Mo, 18.10.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 20:02 Anlass: Sitzung
Raum: Große Börse
Ort: Rathaus
 
Wortprotokoll

6.1.1 Turbobaustellen auf der Autobahn (Herr Leber) 5.660

TOP 6.2.3 am 06.09.2021 VO/2021/10427

Auf einem 4 Kilometer langen Teilstück der Autobahn A2 zwischen Hämelerwald und Peine in Niedersachsen wurde am Wochenende vom 05.08. bis 08.08.2021 Straßenbaugeschichte geschrieben: Vier Kilometer Fahrbahn in 90 Stunden! Was sonst Wochen dauert gelang an einem Wochenende! Und dies 6 Stunden vor der angepeilten Zeit. Möglich wurde der Rekord, weil 300 Menschen und 300 Maschinen rund um die Uhr im Einsatz waren, um 12.000 Tonnen alten Fahrbahnbelag abzutragen und 12.000 Tonnen neue Fahrbahn aufzubringen.

Durch die tempore Vollsperrung einer Richtungsfahrbahn blieb den Verkehrsteilnehmern eine monatelange Baustelle und damit viel Ärger und Stauzeit erspart. Alle Baufirmen konnten sich frei und sicher bewegen und damit weitaus schneller arbeiten. Die Zeit, die sonst zur Baustellensicherung benötigt wird, konnte erheblich reduziert werden. Neben der Unfallgefahr konnten auch die Kosten um ca. 50 % reduziert werden. Der Verkehr wurde über eine Umleitungsstrecke geführt. Autofahrer mussten zwar 4 Tage lang eine längere Umleitung in Kauf nehmen. Dafür standen sie nicht wochenlang im Stau. Das Projekt hatte einen monatelangen Vorlauf. Bauherr des zukunftsweisenden Projektes: Die Autobahn AG des Bundes.

Der Autobahnbau und die Autobahnunterhaltung sind Angelegenheiten des Bundes. Autobahnbaustellen haben aber auch eine kommunale Relevanz, weil Umleitungsstrecken oft über Kreis- und Gemeindestraßen geführt werden.

Hierzu meine Fragen:

  1. Wie bewertet die Verwaltung das Verfahren der Turbobaustellen? Welche Vorteile, welche Nachteile, welche Chancen und welche Risiken werden gesehen?
  2. Welche konkreten Anwendungsmöglichkeiten eröffnet das Verfahren für die Abwicklung von Baustellen in und um Lübeck herum?
  3. Gab es bereits Überlegungen ggf. auch Gespräche mit dem Bund ein derartiges Verfahren zur Verbesserung des Baustellenmanagements auch in und um Lübeck herum anzuwenden?
  4. Sind Turbobaustellen auch in anderen Bereichen, die ein Baustellenmanagement erfordern, möglich? Können Turbobaustellen auch dort Zeit und Kosten einsparen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

 

 

Abschließende Antwort am 18.10.2021

1. Wie bewertet die Verwaltung das Verfahren der Turbobaustellen? Welche Vorteile, welche Nachteile, welche Chancen und welche Risiken werden gesehen?

Turbobaustellen“ wie im aufgeführten Beispiel lassen sich leider nicht eins zu eins auf innerstädtische Straßen übertragen. Auf der Autobahn eignet sich dieses Verfahren durchaus gut, wenn es sich um reine Asphaltarbeiten handelt. Sobald in tiefere Schichten eingegriffen wird und ggf. auch noch die Entwässerung saniert oder erneuert werden muss, funktioniert der „Turbo“ in dem Maße nicht mehr. Aber wenn es sich um reine Arbeiten im Asphaltbereich handelt, ergeben sich durch eine Vollsperrung und den gewaltigen Maschineneinsatz viele Vorteile, wie z.B. kürzere Bauzeiten und damit kürzere, aber durchaus stärkere Verkehrsein­schränkungen, was gesamt gesehen kein Nachteil darstellen dürfte.

Ein Nachteil ist allerdings, dass während der laufenden „Turbobaustelle“ die Asphaltmischwerke der Umgebung sicherlich keine Lieferungen für andere Baumaßnahmen anbieten können. Dann haben Baumaßnahmen auf Landes-/Kreis- und Gemeindestraßen das Nachsehen. Ebenfalls wird es in dieser Zeit kein Mischgut in Kleinstmengen für Aufgrabungen und Reparaturen geben.

Zudem muss eine Baufirma über entsprechende Kapazitäten beim Personal verfügen und einen entsprechenden Maschinen- und Fuhrpark bereitstellen können. Das schränkt den Wettbewerb ein, da kleinere Unternehmen diese Voraussetzungen nicht haben.

 

2. Welche konkreten Anwendungsmöglichkeiten eröffnet das Verfahren für die Abwicklung von Baustellen in und um Lübeck herum?

Konkrete Anwendungsmöglichkeiten gibt es im Grunde nur bei längeren Strecken auf Autobahnen aus Asphalt. Betonstrecken eignen sich allein schon aufgrund der deutlich dickeren Schichten und der Aushärtungszeiten zur Erreichung der Festigkeiten nicht. Derzeit gibt es keine geplanten Baustellen der Autobahn GmbH im Bereich der Anschlussstellen von Lübeck.

 

3. Gab es bereits Überlegungen ggf. auch Gespräche mit dem Bund ein derartiges Verfahren zur Verbesserung des Baustellenmanagements auch in und um Lübeck herum anzuwenden?

Innerstädtisch kann keine radikale Vollsperrung mit 24 Stunden Baubetrieb eingerichtet werden. Rettungswege für Krankenwagen und Feuerwehr müssen sichergestellt sein und die Nachtruhe der Anlieger würde ebenfalls massiv gestört. Bereits in diesem Jahr gab es massive Beschwerden von Anwohnern, weil bei einigen Baumaßnahmen der Stadt im Zweischicht-Betrieb (von 6.00 20.00 Uhr) an 6 Tagen der Woche gearbeitet wurde. Ein Einsatz analog zur A2 ist innerörtlich nicht darstellbar. Es fehlt an Platz und nicht nur die Lärmbelästigung in der Nacht würde zu Problemen führen, auch muss der gesamte Baustellenbereich taghell ausgeleuchtet werden.

 

4. Sind Turbobaustellen auch in anderen Bereichen, die ein Baustellenmanagement erfordern, möglich? Können Turbobaustellen auch dort Zeit und Kosten einsparen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Turbobaustellen“ sind nur bei anbaufreien Strecken bei einer reinen Asphalterneuerung mit entsprechenden Platzverhältnissen und den nötigen Kapazitäten der Firmen und Mischwerke möglich.

 

Der Bauausschuss nimmt Kenntnis.