Auszug - Anfrage des Ausschussmitglieds Anka Grädner (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Leitlinie für nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung (hier: Intensive Ausnutzung der Flächen zur Minimierung des Flächenverbrauchs)   

16. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"
TOP: Ö 3.3
Gremium: Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" Beschlussart: zur Kenntnis genommen / ohne Votum
Datum: Mo, 11.05.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 18:56 Anlass: Sitzung
Raum: Große Börse
Ort: Rathaus
VO/2020/08690 Anfrage des Ausschussmitglieds Anka Grädner (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Leitlinie für nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung (hier: Intensive Ausnutzung der Flächen zur Minimierung des Flächenverbrauchs)
   
 
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN Bearbeiter/-in: Fiorenza, Angela
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Herr Senator Schindler zitiert zur Beantwortung der Anfrage von Frau Grädner wie folgt aus einer E-Mail der Stadtplanung:

 

„Seitens der Stadtplanung kann die Frage dahingehend beantwortet werden, dass bei der derzeit laufenden Neuaufstellung des Flächennutzungsplans die quantitativen und qualitativen Gewerbeflächenbedarfe bis zum Jahr 2040 ermittelt werden. Dabei soll auch festgelegt werden, von welcher Dichte in der zukünftigen Gewerbeflächenplanung ausgegangen werden soll, da dies unmittelbare Auswirkungen auf die erforderliche Flächenausweisung hat.

 

Seitens der Stadtplanung ist für dieses Jahr im Rahmen des Beteiligungsprozesses LÜBECK:überMORGEN ein entsprechender Dialog über die Grundfragen der zukünftigen Stadtentwicklung geplant, die dem Entwurf des Flächennutzungsplans zugrunde gelegt werden sollen. In diesen Dialog werden die politischen Vertreter:innen intensiv eingebunden. Dabei sollen u.a. auch Fragen der Bebauungsdichte erörtert werden.“

 

Herr Gerdes trägt für die KWL die folgende Beantwortung zu Protokoll vor:

 

  1. Zur Beantwortung der Frage muss differenziert werden zwischen einer großflächigen Gewerbegebietsentwicklung auf der grünen Wiese und dem eher kleinteiligen Bau von Gewerbehöfen im urbanen Stadtgebiet.

 

Bei dem erstgenannten Vorgehen wird in der Regel die Höhe der Bebauung im Bebauungsplan festgesetzt. Es obliegt dem Investor, ob und wenn ja, wie viele Geschosse für die Arbeitsabläufe im Unternehmen erforderlich sind.

 

Im Gewerbegebiet Genin-Süd sieht die Bauweise des Fabrikationsgebäudes von SLM Solutions beispielsweise eine Mischnutzung vor. Während für die Produktion sowie Lager und Versand die vollständige Hallenhöhe ausgeschöpft wird, findet die Büronutzung sowie Forschung und Entwicklung in daran angrenzender mehrgeschossiger Bauweise statt.

 

Bei Coherent wird in einer mehrgeschossigen Produktionskette gearbeitet. Der Grund dafür sind die enormen Kosten für die Reinraumtechnologie. Die vertikale Anordnung der Reinraumtechnologie ist deutlich kostengünstiger als die horizontale.

 

Die oben genannte Fragestellung zielt vermutlich in erster Linie auf den letztgenannten Themenkomplex, den Gewerbehöfen, ab. Gewerbehöfe erfahren zurzeit einen neuen Boom. Insbesondere in Agglomerationsräumen von Metropolen entstehen aufgrund der Flächenknappheit eine Vielzahl neuer Bauprojekte. Die Nachfrage wird durch Verknappung geschaffen.

 

Die KWL GmbH hat sich ebenfalls dieser Thematik angenommen. Symptomatisch für Investitionsstandorte wie Lübeck ist die fehlende Bereitschaft der Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen, für die Gewerbehöfe in erster Linie gedacht sind, Flächen anzumieten. Solange es Alternativen gibt, werden eigenwirtschaftliche Investitionen vorgezogen. Darüber hinaus ist der Planungshorizont dieser Betriebe deutlich niedriger. Eine entsprechende Baumaßnahme benötigt einen Vorlauf von mindestens zwei Jahren. Für den Investor bedeutet das, dass ein ausreichender Vorvermietungsstand, der für die Finanzierung der Baumaßnahme benötigt wird, nur sehr bedingt möglich ist. Konkret plant die KWL zurzeit einen Gewerbe- und Dienstleistungszentrum am Walkmühlenweg. Aufgrund der Tatsache, dass ein Hauptnutzer bereit ist, einen Vorvertrag zu schließen, kann die Maßnahme umgesetzt werden. Mit einem weiteren Hauptnutzer werden aktuell Verhandlungen geführt.

 

  1. In der Hansestadt Lübeck erfolgt die Entwicklung und Erschließung von großflächigen Gewerbegebieten ausschließlich über die städtische Tochtergesellschaft KWL. Das hat den Vorteil, dass die Ansiedlung von Unternehmen resp. der Verkauf von Grundstücken über ein politisches Regulativ (Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung) gesteuert werden kann. Die Entwicklung und Vermarktung von Gewerbegebieten erfordert in der Regel einen langen Atem. Private Entwickler ziehen vor diesem Hintergrund Standorte vor, die kaum Restriktionen unterliegen und auf Betriebe ausgerichtet sind, die deutlich höhere Verkaufserlöse erwarten lassen (z. B. Handel und Logistik). Produzierendes Gewerbe oder bindende Leitlinien in Bezug auf Nachhaltigkeit spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle.

 

Im Gegensatz dazu hat sich die KWL GmbH bei der Entwicklung des neuen Gewerbegebietes Semiramis an der Kronsforder Landstraße selbst eine Leitlinie in Bezug auf Nachhaltigkeit auferlegt. Das Gewerbegebiet soll nach DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen) zertifiziert werden. Die wesentlichen Grundlagen dafür wurden bereits geschaffen. So ist das z.B. Entwässerungssystem vor dem Hintergrund der ökologischen Auswirkungen als überaus innovativ zu bezeichnen. Das Schmutzwasser wird mit natürlichem Gefälle zum tiefsten Punkt im Gelände geleitet und von dort aus der Mechanisch-biologischen Anlage zugeführt. Hier substituiert das anfallende Schmutzwasser das bisher verwendete Frischwasser und dient auf diese Weise zur Herstellung von Energie, die für den Betrieb der Anlage benötigt wird. Im Idealfall kann die überschüssige Energie wieder dem Gewerbegebiet zugeführt werden (Kreislaufsystem). Darüber hinaus sollen eine Reihe weiterer Nachhaltigkeitskonzepte (z.B. Energiekonzept, Nutzung von Abwärme und Biostrom der Deponie Niemark) umgesetzt werden.

 

Zu entsprechenden Leitlinien sprechen Frau Grädner, Herr Senator Schindler und Herr Gerdes. Bisher bestehen keine städtischen Leitlinien mit Ausnahme der KWL GmbH.

 

Aus Sicht von Herrn Simon sind die getroffenen Auskünfte zu wenig konkret. Das Thema der Verdichtung sei aber von großer Bedeutung und sollte konkretisiert werden.

 

 


Anfrage:

1. Inwieweit werden bei der Gewerbeflächenentwicklung in Lübeck Konzepte mit mehrgeschossigen Gewerbegebäude in Erwägung gezogen?

 

2. Welche (bindenden) Leitlinien oder Bestimmungen für die Gewerbeflächenentwicklung in Bezug auf Nachhaltigkeit sind für Lübeck bisher vorhanden?

 

 


Der Wirtschaftsausschuss und Ausschuss

für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"

nimmt die Antwort der Verwaltung

zur Kenntnis.

 

 

 

 

Abstimmungsergebnis

 

einstimmige Annahme

 

einstimmige Ablehnung

 

Ja-Stimmen

 

Nein-Stimmen

 

Enthaltungen

 

Kenntnisnahme

X

Vertagung

 

Ohne Votum