Auszug - Indexierung laufender Erbbauverträge  

14. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"
TOP: Ö 3.3.1
Gremium: Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" Beschlussart: zur Kenntnis genommen / ohne Votum
Datum: Mo, 10.02.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 18:24 Anlass: Sitzung
Raum: Großer Sitzungssaal (Haus Trave 7.OG)
Ort: Verwaltungszentrum Mühlentor
VO/2019/07278-01 Indexierung laufender Erbbauverträge
   
 
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Sven SchindlerBezüglich:
VO/2019/07278
Federführend:2.280 - Wirtschaft und Liegenschaften Bearbeiter/-in: Bruhse, Kerstin
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Herr Dr. Flasbarth dankt der Verwaltung für die umfangreich erarbeitete Antwort. Aus seiner Sicht bleibt die geringe Höhe der Erbpacht in vielen Fällen ein unbefriedigendes Ergebnis.

 

Zur Erbbauzins-Anpassungsklausel 3a (Leistungsvorbehaltsklausel) sprechen Herr Dr. Flasbarth und Frau Csösz. Es handelt sich hierbei um 300 Fälle, in denen eine Änderung aus juristischer Sicht erst bei Ablauf der Verträge zielführend ist.

 

Zu einem digitalen Vertragsmanagement berichtet Frau Csösz von einem möglichen System zu dem demnächst eine Prüfung erfolgt. Hierbei wird geklärt, ob ein tatsächlicher Mehrwert zu erzielen ist.

 

Herr Lehrke spricht zur Grundthematik der Erbbaurechte die vor längerer Zeit bestehenden Bestrebungen zur Einrichtung einer Arbeitsgruppe außerhalb der Gremien an. Herr Krause verweist hierzu auf die ursprüngliche Initiative von Herrn Dr. Flasbarth. Herr Dr. Flasbarth sagt nach kurzer Diskussion zu, entsprechend zu einem ersten Gespräch einzuladen.

 

 


Antwort:

  1. Welche unterschiedlichen Klauseln bezüglich des Erbbauzinses existieren in den laufenden Erbbaurechtsverträgen? Wie ist die Rechtslage bezüglich der Möglichkeiten zukünftiger Anpassungen auf Basis der jeweiligen Klauseln? Die unterschiedlichen Klauseln bitte sinnvollerweise gruppieren.

 

Der Bereich Wirtschaft und Liegenschaften unterscheidet bei den unterschiedlichen Anpassungsklauseln folgende Fallgruppen (vergl. auch Anlage 1)

 

1. Vorkriegs-Erbbaurechte (Erbbaurechte, die bis 2045 auslaufen)

2. Äquivalenzstörung

3. Wertsicherungsklausel

3a.) Leistungsvorbehaltsklausel

3b.) ungeeignete Wertsicherungsklausel

3c.) Automatik-Klausel

 

  1. Wann bzw. unter welchen Umständen ist eine Indexierung der in 1) genannten Klauseln möglich ?

 

Zu lfd. Nr. 1

Eine Anpassungsklausel liegt in dieser Fallgruppe nicht vor.

 

Zu lfd. Nr. 2

Die Erhöhung richtet sich in dieser Fallgruppe danach, in welchem Maße seit Vertragsabschluss bzw. dem Zeitpunkt der letzten Anpassung, die Lebenshaltungskosten um mind. 150 % gestiegen sind wahlweise muss eine negative Kaufkraftentwicklung von mind. 60 % eingetreten sein (gem. BGH-Rechtsprechung)

 

Zu lfd. Nr. 3

a)      Leistungsvorbehaltsklausel

Diese Klausel wurde ca. ab 1970 in Erbbaurechtsverträgen verwendet. Anpassungsvoraussetzung ist hier insbesondere u.a., eine Einigung der Vertragspartner über die Erhöhung oder Senkung des Erbbauzinses. Der neue Anspruch darf nicht unbillig sein. Die rechtlichen Kriterien zur Billigkeit sind hierbei sehr eng auszulegen.

b)      ungeeignete Wertsicherungsklausel

Diese Klausel ist einer Automatikklausel (s. auch Folgenummer) gleichzusetzten. Voraussetzung für eine Anpassung des Erbbauzinses ist die Steigerung des Verbraucherpreisindex um mind. 10 % (seit der letzten Anpassung). Ein jeweiliger Anspruch kann frühestens nach jeweils 5 Jahren geltend gemacht werden.

c)      Automatikklausel

In dieser Fallgruppe ist der EBZ immer dann anzupassen, wenn seit der letzten Anpassung 5 bzw. 3 Jahre vergangen sind und der Verbraucherpreisindex um mind. 10 % gestiegen ist.

 

  1. In wie vielen laufenden Erbbaurechtsverträgen werden die in 1) genannten Klauseln möglich?

 

Zu lfd. Nr. 1

ca. 870 Fälle

 

Zu lfd.Nr. 2

ca. 1.800 Fälle

 

Zu lfd. Nr. 3a

ca. 300 Fälle

 

Zu lfd. Nr. 3b

ca. 4.500 Fälle

 

Zu lfd. Nr. 3c

ca. 640 Fälle

 

  1. Wann wurde der Erbbauzins dieser Verträge das letzte Mal indexiert ?

 

Zu lfd. Nr. 1

Bei dieser Fallgruppe wurde 1982 der vertragliche Rahmen bezüglich der Anpassung der Erbbauzinsen ausgeschöpft. Darüber hinausgehende Anpassungsmöglichkeiten liegen in dieser Fallgruppe nicht vor.

 

Zu lfd. Nr. 2

Die Anpassung dieser Fallgruppe hat ab 2004 bis 2011 aufgrund des Bürgerschaftsbeschlusses vom 27.11.2003 stattgefunden. Die erneuten Anpassungsvoraussetzungen für diese Fallgruppe sind bis zum heutigen Tage nicht gegeben, da die Steigerung der Lebenshaltungskosten seit den ersten Anpassungen bis heute lediglich rd. 25 % beträgt. Zu den Voraussetzungen vgl. Ziff. 2 Nr. 2

 

Zu lfd. Nr. 3a

Alle vertraglich ausgesprochenen, schuldrechtlichen Ermäßigungen wurden im Zeitraum nach der Jahrtausendwende aufgehoben. Zu den weitergehenden Anpassungsvoraussetzungen vgl. Ziff. 2 Nr. 3 a). Eine Anwendung der Leistungsvorbehaltsklausel bedarf einer komplexen rechtlichen Betrachtung.

 

Zu lfd. Nr. 3b

Der vertragliche Rahmen bezüglich der Anpassung wurde unter Betrachtung des Landgerichtsurteils vom 11.04.2013 rückwirkend ab November 2004 vorgenommen.

 

Zu lfd. Nr. 3c

In dieser Fallgruppe hat eine Anpassung im Jahre 2019 stattgefunden.

 

  1. Welches zusätzliches Einnahmepotential ist durch die Indexierung der Verträge zu erwarten? Wenn möglich, bitte absolut und in % der aktuellen Einnahmen durch diese Verträge?

 

Insgesamt wurde rd. 2,9 Mio. EUR Erbbauzinsen in 2019 eingenommen.

 

Zu lfd. Nr. 1

Aufgrund der fehlenden Anpassungsvoraussetzungen ist eine Anpassung der Erbbauzinsen in dieser Fallgruppe nicht möglich.

Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Bürgerschaftsbeschlüsse vom 28.04.2016 und 18.05.2017 bereits 85 vorzeitige Erbbaurechtsverlängerungen beurkundet wurden.

Unter Berücksichtigung der entgangenen, ursprünglichen Erbbauzinsen in Höhe von ca. 107.000 EUR beträgt die Mehreinnahme in 2020 rd. 91.000,00 EUR (Grundlage 1. Stufe der schuldrechtlichen Ermäßigung). Somit beträgt der durchschnittliche Erbbauzins in der 1. Stufe 1,06 %.

 

Zu lfd. Nr. 2

Da die Voraussetzungen für die Anpassung hier noch nicht gegeben sind, ist eine Darstellung zu den zu erwartenden Mehreinnahmen an dieser Stelle nicht möglich.

 

Zu lfd. Nr. 3

a)      Leistungsvorbehaltsklausel

Kann z. Zt. nicht beziffert werden, da eine rechtliche Überprüfung aufgrund einiger Unsicherheitsfaktoren bislang nicht stattgefunden hat.

 

b)      ungeeignete Wertsicherungsklausel

Diese Anpassungsklausel wurde nach Klarstellung durch das Landgerichtsurteil vom 11.04.2013 im Bereich entsprechend umgesetzt. Dies hatte zum Ergebnis, dass die Erbbauzinsen rückwirkend ab dem IV./2004 festgesetzt worden sind. Die nach neuester Rechtsprechung dann rechtswidrig entrichteten Erbbauzinsen wurden in der Zeit von 2014 – 2017 an die Erbbauberechtigten entsprechend dem Urteil wieder ausgekehrt.

 

c)      Automatikklausel

Bei dieser Fallgruppe findet eine laufende Überprüfung der Anpassungsvoraussetzungen statt. In 2019 wurden ca. 30 Fälle mit einer Mehreinnahme von ca. 7.000,00 EUR angepasst.

 

  1. Wann ist eine Indexierung dieser Verträge geplant ? Ggf. bis wann ist mit einer vollständigen Indexierung zu rechnen?

 

Zu lfd. Nr. 1

Hier ist eine Anpassung des Erbbauzinses nicht möglich. Lediglich über den Abschluss vorzeitiger Erbbaurechtsverlängerungsverträge ist eine Neufestsetzung des Erbbauzinses anhand von neu vereinbarten Automatikklauseln gegeben.

 

Zu lfd. Nr. 2

Eine Anpassung ist aufgrund der fehlenden Voraussetzungen nicht möglich. Ein Zeitraum für eine neuerliche Anpassung kann nicht angegeben werden, da diese von der Steigerung der Lebenshaltungskosten bzw. der Entwicklung der negativen Kaufkraftentwicklung abhängig ist.

 

Zu lfd. Nr. 3a

s. hierzu Ausführungen gem. Ziff. 2 Nr. 3 a)

 

Zu lfd. Nr. 3b

In ca. 1.400 Fällen ist ein neuerliches Anpassungsverlangen möglich. Dieses Anpassungsverlangen wird in 2020 ausgesprochen und führt zu einer zu erwartenden Mehreinnahme von ca. 27.000,00 EUR. Eine Anpassung erfolgt laufend bis zum Ende des Erbbaurechtes.

 

Zu lfd. Nr. 3c

Für 2020 besteht ein Anpassungsverlangen bei ca. 50 Fällen. Die Mehreinnahme kann nicht beziffert werden, da diese sich an den Steigerungsraten orientiert. Eine Anpassung erfolgt laufend bis zum Ende des Erbbaurechtes.

 

  1. In welchen Turnus können und sollen diese Verträge in der Zukunft indexiert werden ?

Siehe Antwort zur laufenden Ziffer 2 dieser Beantwortung

 

  1. Existiert ein digitales Vertragsmanagement der indexierbaren Verträge bzw. ist geplant dieses einzuführen? ggf. bis wann ?

Nein

 

  1. Welche personellen Ressourcen setzt die Verwaltung aktuell für die Verwaltung der Erbbaurechtsverträge ein? Bitte getrennt ausweisen nach Indexierung laufender Verträge, Verkäufe von Erbbaurechtsgrundstücken und Verlängerungen von Erbbaurechtsverträgen und sonstigen administrativen Tätigkeiten.

 

Für die Verwaltung der rd. 8.700 Erbbaurechte stehen insgesamt 7 Mitarbeiter:innen (4 Vollzeitäquivalente und 3 Teilzeit) und eine Leitungskraft zur Verfügung. Für den Verkauf und die Verlängerung von Erbbaurechten sind 4 Mitarbeiter:innen (2 Vollzeitäquivalente und 2 Teilzeit) zur Verfügung. Die Aufgaben der Bewirtschaftung und der administrativen Tätigkeiten werden von 3 Vollzeitäquivalenten wahrgenommen.

 

 


Der Wirtschaftsausschuss und Ausschuss

für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"

nimmt die Antworten der Verwaltung

zur Kenntnis.

 

 

 

 

Abstimmungsergebnis

 

einstimmige Annahme

 

einstimmige Ablehnung

 

Ja-Stimmen

 

Nein-Stimmen

 

Enthaltungen

 

Kenntnisnahme

X

Vertagung

 

Ohne Votum