Veröffentlicht am 30.04.2021

Willy-Brandt-Haus Lübeck lädt zum Forum Erinnerungskultur

Gedenktag am 8. Mai 2021 zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und die Befreiung vom Nationalsozialismus

 

In diesem Jahr wird der 8. Mai 2021 in Schleswig-Holstein zum ersten Mal als landesweiter Gedenktag an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und die Befreiung vom Nationalsozialismus begangen. Wir laden aus diesem Anlass zu zwei Veranstaltungen ein: Am 7. Mai zu einer Online-Vortragsveranstaltung auf YouTube und am 8. Mai 2021 zu einem Radio-Spezial im Offenen Kanal Lübeck.

Kern der Online-Veranstaltung Kriegsende 1945 – Geschichte und Erinnerung auf dem YouTube-Kanal des Forums Erinnerungskultur ist ein Vortrag des Potsdamer Historikers Martin Sabrow zum 8. Mai im Wandel der deutschen Erinnerungskultur. Für den Lübeck-Bezug sorgt ein Kurzvortrag des Leiters des Archivs der Hansestadt, Jan Lokers, über das Kriegsende in Lübeck am 2. Mai 1945. Bürgermeister Jan Lindenau wird Fragen zur heutigen Bedeutung des Gedenktags und der Erinnerungskultur in unserer Stadt beantworten. Als Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein stellt Uta Körby die Initiative Gedenktag 8. Mai in Schleswig-Holstein vor.

Zu sehen ist die Veranstaltung Kriegsende 1945 – Geschichte und Erinnerung ab dem 7. Mai 2021, 18 Uhr auf Youtube: https://www.youtube.com/channel/UCmnSVsGm3XKAzDAa7AY8jNw Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Die Radio-Sendung Von Schuld und Verantwortung – ein Spezial zum 8. Mai wird in Kooperation des Forums Erinnerungskultur mit der Gemeinde und der Gedenkstätte Lutherkirche produziert:

Der Historiker Martin Sabrow, Jan Lokers und Bürgermeister Jan Lindenau sowie Uta Körby sind auch in diesem zweistündigen Radio-Spezial zu hören. Ergänzt werden ihre Beiträge um Stimmen von Schülerinnen und Schülern des Katharineums zu Lübeck zur heutigen Bedeutung des 8. Mai. Den Abschluss bildet ein halbstündiger Beitrag Gemeinsam feiern – Interreligiöse Friedensbotschaften mit Musik. ,Zu hören ist das Radio Spezial am 8. Mai 2021 von 17.00-19.00 Uhr, die Friedensbotschaften ab 18.30 Uhr im Offener Kanal Lübeck UKW 98,8 MHz oder per Livestream via https://www.oksh.de/hl/hoeren/luebeck-fm-livestream/

Beide Sendungen sind über den Tag hinaus auf YouTube und in der Mediathek des Offenen Kanals Lübeck verfügbar.

Das Forum Erinnerungskultur und das Willy-Brandt-Haus Lübeck danken herzlich allen Kooperationspartnern und Unterstützern: der Gemeinde und der Gedenkstätte Lutherkirche, der Hansestadt Lübeck, dem Kulturbüro, der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e.V. und dem Offenen Kanal Lübeck.

Hintergrund:

Der 8. Mai als Gedenktag in Schleswig-Holsten

Die Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten Schleswig-Holstein hat im vergangenen Jahr eine Online- und Landtags-Petition gestartet: „Der 8. Mai muss endlich Gedenktag werden – auch in Schleswig-Holstein!“. Dank der Unterstützung vieler Persönlichkeiten, Organisationen und aller Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag (gegen das Votum der AfD-Abgeordneten) hatte die Petition Erfolg: Am 19. Juni 2020 erklärte der Landtag den 8. Mai 1945 zum Gedenktag und bekannte sich dazu, ihn künftig würdig zu begehen.

2021 wird der 8. Mai in Schleswig-Holstein erstmals als offizieller Gedenktag begangen. Aus diesem Anlass sind Organisationen, Initiativen, Vereine, Kommunen, Kirchengemeinden, Museen, Gedenkstätten, engagierte Einzelne ebenso wie Schüler:innen und Lehrkräfte, Studierende und Hochschulen, Kulturschaffende und Wissenschaftler:innen aufgerufen, sich mit eigenen Veranstaltungen an dem Gedenktag zu beteiligen. https://www.achter-mai-sh.de/veranstaltungen-2021/

Das Forum Erinnerungskultur hat sich im Sommer 2018 gegründet. Es ist ein Bündnis verschiedener Initiativen und Einrichtungen in Lübeck, die sich im Bereich Zeitgeschichte und Gedenken an den Nationalsozialismus engagieren. Das Ziel des Forums ist die Schaffung von Strukturen, die diesen Themen dauerhaft und verlässlich eine hohe Priorität in unserer Stadt verschaffen und die Vernetzung der einzelnen Akteure in der Erinnerungsarbeit befördern. Der Zweite Weltkrieg ging in Lübeck am 2. Mai 1945 mit dem Einmarsch der Briten zu Ende: Seit heute Nacht 2 Uhr herrscht Frieden“, notiert Lübecks Baudirektor Hans Pieper in seinem Tagebuch. Am Nachmittag des 2. Mai 1945 rollen britische Panzer durch die Straßen Lübecks. Letze Gefechte an den Einfallstraßen der Stadt und am Lindenplatz, dann schweigen nach 5 1/2 Jahren endlich die Waffen. Tausende Lübecker haben ihr Leben verloren, die Stadt ist überfüllt mit annähernd 100.000 Flüchtlingen; zehntausende Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene sind jetzt wieder frei, tausendevon schwer Verletzten liegen in den zahlreichen Hilfslazaretten. Das Zentrum ist nach dem Bombenkrieg ein einziges Trümmermeer.

Die Menschen sind erschöpft und erfüllt von Angst und Unsicherheit. Viele von ihnen sind aber auch einfach erleichtert und hoffnungsvoll. Das Gebot der Stunde ist für alle jetzt die Versorgung der Bevölkerung, Notspeisungen, Unterkünfte zu organisieren. Eine andere große Herausforderung ist die Demokratisierung und Entnazifizierung eines Volkes, das zwölf Jahre nationalsozialistischer Gewaltherrschaft mitgetragen und erlitten hat. In der Nacht fällt von den Menschen zunächst aber einmal die große Anspannung ab. Doch wenn auch fast schon im Schlaf, so steht eine große Frage für sie alle unausweichlich im Raum: „Wie geht es jetzt weiter?“

Martin Sabrow: Der 8. Mai im Wandel der deutschen Erinnerungskultur

Als überfällig bezeichnet es der Historiker Martin Sabrow, den 8. Mai als regelmäßigen Feiertag zu verankern – als „überdauernden Tag der befreienden Niederlage und des rettenden Zusammenbruchs“. In seinem Essay zeichnet Sabrow die in Deutschland lange sehr zurückhaltend geführte Debatte über dieses Datum und dessen Bedeutung nach, an dem vor 75 Jahren die Kapitulation der obersten deutschen Heeresleitung in Berlin erfolgte und der Weltkrieg in Europa zum Ende kam. Martin Sabrow ist Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam und Professor für Neueste und Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Interreligiöse Friedensbotschaften

Der Jahrestag des Kriegsendes regt dazu an, über Schuld und Verantwortung nachzudenken, über den Gewinn von Freiheit nach vielen Jahren der Diktatur, und wie sich Demokratie und eine offene Gesellschaft bewahren lassen. Der 8. Mai ist aber auch ein Anlass, sich über eine lange Zeit des Friedens in weiten Teilen Europas zu freuen und ihn unbedingt zu erhalten. Mit jüdischen, muslimischen, alevitischen und christlichen Friedensbotschaften und Musik wird daran erinnert, dass Menschen nur in einer gemeinsamen Anstrengung den Frieden erhalten und verbreiten können. +++

Quelle: Willy-Brandt-Haus Lübeck