Die Klimafolgen erreichen auch die Ostseestädte

Veröffentlicht am 16.06.2006

Die Klimafolgen erreichen auch die Ostseestädte

Die Klimafolgen erreichen auch die Ostseestädte

060475L 2006-06-15

An den Küsten der Weltmeere und auch an der Ostsee wird der Klimawandel zu großen Veränderungen und massiven Schäden führen. Darüber sind sich sechs Klimaexperten und Klimafolgeforscher einig, die am 15. und 16. Juni 2006 im Lübecker Rathaus zusammentrafen, um die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse des Klimawandels zu beraten. Der Anstieg des Meeresspiegels geht voran. Es scheint somit sicher, dass auch der wasserumflossenen Hansestadt Lübeck ein neues Problem zuwächst, dem sie auf Dauer nicht ausweichen kann.

Aus diesem Grund hatte Innen- und Umweltsenator Thorsten Geißler die Experten aus Italien, Österreich und Deutschland an die Trave eingeladen. Der zweitägige Workshop war das zweite Arbeitsgruppentreffen des europäischen Projektes AMICA, das sich für das Klima-Bündnis mit dieser Thematik auseinandersetzt. „Der Klimawandel hat eingesetzt und wird um Lübeck keinen Bogen machen“, sagt Geißler. Wir müssen zügig mögliche oder zu erwartende Szenarien definieren und die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.“ Dabei müsse Lübeck auf Städtenetze wie das Klima-Bündnis zurückgreifen, um voneinander zu profitieren, Doppelarbeit zu vermeiden, Kosten zu sparen und schnellere Ergebnisse zu erzielen.

Die Bedrohung der Küstenbewohner durch zunehmende Überflutungen und Sturmfluten wächst. Während sich einige Städte wie London und Venedig bereits mit aufwändigen Anpassungsmaßnahmen beschäftigen, sind die meisten Städte in Deutschland bisher kaum vorbereitet. Daher begrüßte Dr. Andreas Kress, Koordinator des AMICA-Projektes im Klima-Bündnis, „dass sich die Hansestadt Lübeck – neben Maßnahmen zum Schutz des Klimas – auch mit Maßnahmen zum Schutz vor dem Klima beschäftigt.“

Die Experten diskutierten auf Anregung der Europäischen Geschäftsstelle des Klima-Bündnisses Maßnahmen, die sowohl zur Anpassung an den Klimawandel als auch vorbeugend zum Erhalt des Klimas notwendig sind. In den Niederlanden zum Beispiel wird in Küstennähe schon heute Wassermanagement und Energienutzung kombiniert. So wird bei hohem Grundwasserspiegel in Küstennähe das abgepumpte Wasser gleichzeitig zur Gewinnung von thermischer Energie für Kälte und Wärme genutzt. Einerseits wird so Energie eingespart, andererseits erfolgt eine Anpassung an den steigenden Grundwasserspiegel in Küstennähe, wie sie durch den Anstieg des Meeresspiegels in Zukunft noch verstärkt zu erwarten sind.

„Die Entscheidung zwischen Klimaschutz (Mitigation) und Anpassung an den Klimawandel (Adaptation) ist vergleichbar mit der Wahl an einem Fahrrad, entweder die kaputten Bremsen zu erneuern oder sich statt dessen einen Helm zu kaufen. Die funktionsfähigen Bremsen helfen, die Gefahr eines Unfalls zu verhindern (Mitigation), während der Helm die Katastrophe im Falle eines Unfalls aufhalten soll (Adaptation). Die meisten Leute würden sich also für beides entscheiden.“ so Kress weiter. Das Fazit in Lübeck lautete daher, dass Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel an der Küste so weit wie möglich zu kombinieren sind, um Konkurrenzen um knappe Ressourcen zu vermeiden.

Mit dem von der EU und dem Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Projekt AMICA (Adaptation and Mitigation – an Integrated Climate Policy Approach) werden Maßnahmen zusammen geführt, die sowohl zur Anpassung an den Klimawandel als auch vorbeugend zum Erhalt des globalen Klimas notwendig sind. Das Projekt hat eine Laufzeit bis Dezember 2007 und hat bislang Projektpartner in Dresden, Hespul/Frankreich, Oberösterreich, in der Provinz Ferrara/Italien, Stuttgart und Venedig. Hinzu kommen die nationalen Klima-Bündnis-Koordinationen Österreich, Niederlande und Italien.

Das Klima-Bündnis ist ein Zusammenschluss europäischer Städte und Gemeinden, die eine Partnerschaft mit indigenen Völkern der Regenwälder eingegangen sind. Die Partner in diesem weltumspannenden Bündnis verbindet die gemeinsame Sorge um das Weltklima. Um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, setzen das Bündnis auf das Engagement und die Vielfalt der lokalen Ebene.

Mit ihrem Beitritt haben sich die Mitgliedskommunen auf Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen verpflichtet. Diese Selbstverpflichtungen sind im Klima-Bündnis-Manifest (1990) und der Klima-Bündnis-Erklärung (2000) niedergelegt. Seit der Gründung 1990 sind fast 1000 Städte, Gemeinden und Landkreise in Europa dem Klima-Bündnis beigetreten. Bundesländer und Nichtregierungsorganisationen arbeiten als assoziierte Mitglieder mit. Lübeck gehört dem Klimabündnis seit 1991 an. +++