Veröffentlicht am 26.03.1998

Ein Wohnquartier im Aufwind

Ein Wohnquartier im Aufwind

Durch umfassende bauliche und soziale Maßnahmen soll das Wohnquartier Hudekamp attraktiver Wohn- und Lebensraum werden. Gemeinsame Akteure der Quartierserneuerung sind die Wohnungseigentümerinnen "Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft" und die "Hamburger Pogadl", das Wohnungsbauministerium Kiel, die Possehl-Stiftung, die Hansestadt Lübeck sowie die Bewohner selbst.

Eine soziologische Studie des Lübecker Büros Kom Plan, die die Wohnungseigentümerinnen und der Kriminalpräventive Rat der Hansestadt Lübeck in Auftrag gaben, belegt die Notwendigkeit eines umfassenden Sanierungs- und sozialen Interventionskonzeptes. Eine Befragung innerhalb des Wohngebietes ergab, daß viele Bewohner zwar ihre Wohnung schätzen, aber das Zusammenleben in der Anlage schwierig ist. "Die Kommunikation ist gestört," heißt es in der Studie. Die Menschen ziehen sich in ihre Wohnungen zurück. Eine Integration der zahlreichen Menschen unterschiedlicher Nationalität und Menschen in besonderen Lebenslagen ist fast unmöglich. Außerdem erschwert das angeschlagene Image des Wohnquartiers es den Menschen, in ihrer Stadt Fuß zu fassen.

57 % der Bewohner kommen aus anderen Ländern. Vor allem Menschen aus der Türkei und dem Irak, auch Spätaussiedler aus Polen und Rußland haben hier eine Wohnung bezogen. 28 % der Bewohner sind Kinder und Jugendliche. Fast die Hälfte der Bewohner zog erst in den letzten drei Jahren hinzu. Das verdeutlicht, welcher hohen Fluktuation das Wohngebiet Hudekamp ausgesetzt war. "Stabilität gewinnt das Wohnquartier aber nur durch Kontinuität der dort lebenden Bewohner," das wissen die Wohnungseigentümerinnen.

Für die zahlreichen Kinder richtete das Jugendamt Ende 1996 eine Spielstube und das Amt für Sozial- und Jugenddienste bereits 1995 ein Nachbarschaftsbüro ein. Spezielle Freizeit- und Sportangebote für Jugendliche, Hausaufgabenhilfe, Sprachunterricht für alle Interessierten sowie Beschäftigungsmaßnahmen sollen künftig die soziale Integration fördern.

Die Wohnungseigentümerinnen investieren rund sechs Millionen Mark. Mit drei Millionen werden die Maßnahmen aus dem Städtebauförderungsprogramm des Landes Schleswig-Holstein bezuschußt. Der Eigenanteil der Hansestadt Lübeck beträgt ein Drittel, das mit Hilfe einer großzügigen Spende der Possehl-Stiftung aufgebracht werden konnte.

Eine Reihe baulicher, nicht rentierlicher Maßnahmen, die weit über das übliche Maß an Bauunterhaltungskosten hinausgehen, können finanziert werden. Vor allem die Einrichtung von Pförtnerlogen, einem Café, einer Teeküche und Hobbyräumen sowie die Neugestaltung der Eingangs- und Außenbereiche sollen die Kommunikationsmöglichkeiten der Bewohner grundlegend verbessern und das Zusammenleben, vor allem der Familien, erleichtern helfen.

Eine wichtige Rolle bei den Erneuerungen übernehmen die Bewohner selbst: Sie sollen sich bei allen Planungen einmischen! Nicht nur die Erwachsenen, auch die Kinder und Jugendlichen sollen sich beteiligen. Die Einmischung ist im Konzept ausdrücklich erwünscht. Sie soll gleichzeitig die Akzeptanz aller Maßnahmen aktivieren und erhöhen. Die Studie bestätigt, daß die Bewohner sehr daran interessiert sind, Planung und Durchführung der Ausbaumaßnahmen zu begleiten.

Geplant ist zudem, das vielfach bestehende Engagement der BewohnerInnen durch Mitarbeit an Einzelprojekten, wie dem Bau der neuen Spielplätze, Pflanzaktionen und dem Betrieb des Cafés weiter zu fördern.

Die Verwirklichung des auf vier Jahre angelegten Konzeptes wird von allen städtischen Fachbereichen mit getragen und durch das Lübecker Büro Kom Plan koordiniert. "Wichtig sei," erklären die Senatoren Dagmar Pohl-Laukamp und Dr. Volker Zahn, "daß das Image des Hudekamps sich wesentlich verbessert und der Hudekamp wieder zu einer Heimat für ihre Bewohner wird."

"Wir möchten, daß unsere Mieter sich wohl fühlen", betonen die Wohnungseigentümerinnen. Erste Schritte leiten die Vermieterinnen ein, indem sie unzufriedenen Mietern anbieten, die Wohnung zu tauschen. Parallel dazu beginnen Sprachkurse, Gesprächsgruppen und Freizeitangebote speziell für Frauen und Jugendliche sowie Planungsgespräche der Bau-Experten mit den Bewohnern. Ein Straßenfest ist ebenfalls geplant. Dazu wollen die Hudekamper alle Nachbarn herzlich einladen. "Wir sind ein multikulturelles Wohngebiet", sagen die Organisatoren "und da haben wir schließlich Besonderes zu bieten". +++