Veröffentlicht am 27.03.2023

Lübeck zu Gast in Berlin: 50 Jahre Arbeitsgemeinschaft Historische Städte

Berliner Erklärung zeigt Lösungsansätze für Herausforderungen historischer Städte auf

Herr Albrecht Herrmann (Baudezernent Meißen), MdB Stefan Schmidt, Bundesbauministerin Klara Geywitz, Olaf Raschke (Bürgermeister Meißen), Frau Maltz-Schwarzfischer (Oberbürgermeisterin Regensburg), Wolfgang Metzner (3. Bürgermeister Bamberg), Octavian Ursu (Bürgermeister Görlitz), Dr. Alexander Badrow (Oberbürgermeister Hansestadt Stralsund), Jan Lindenau (Bürgermeister Hansestadt Lübeck) mit der Berliner Erklärung.

Im Rahmen eines parlamentarischen Abends in Berlin haben die Städte Bamberg, Görlitz, Lübeck, Meißen, Regensburg und Stralsund am 23. März 2023 das 50jährige Jubiläum der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte gefeiert – gemeinsam mit Bundesbauministerin Klara Geywitz, Ministerpräsident Michael Kretschmer und Rainer Nagel von der Bundesstiftung Baukultur. An der Veranstaltung nahmen über 120 Vertreter:innen von Bund, Ländern und Kommunen teil.

Die Arbeitsgemeinschaft steht bundesweit wegweisend für eine behutsame Stadterneuerung. Während in den 1960er Jahren mit der sogenannten Kahlschlagsanierung viele Städte dem Leitbild der autogerechten Stadt angepasst wurden, hatte sich die Arbeitsgemeinschaft im Jahr 1973 - zunächst Bamberg, Lübeck und Regensburg - für eine behutsame Stadtreparatur ausgesprochen und die Arbeitsgemeinschaft gegründet. Hierbei setzten die Städte nicht allein auf lokales Wissen, sondern auf Austausch. Seither werden regelmäßig Arbeitssitzungen abgehalten, Studien herausgegeben und diverse Veranstaltungen organisiert. Bei der Weiterentwicklung der Städtebauförderung ist die Arbeitsgemeinschaft für die Länder und den Bund wichtiger Ansprechpartner.

So gelang es, die Ziele der Nachkriegsentwicklung, wie die funktionale Stärkung der Innenstädte und die Verbesserung von Wohnqualitäten, unter Einbindung baukultureller Werte umzusetzen. Lübeck mit seinen aktiven Bürger:innen war Pionier für eine ausgewogene städtebauliche Entwicklung. Die Aufnahme in die Liste der UNESCO-Welterbestätte bestätigte das Vorgehen schnell. Dass die Lübecker Altstadt heute als lebenswert und lohnenswert gilt, ist hierbei auch entscheidend auf die Städtebauförderung zurückzuführen. Über 165 Millionen Städtebaufördermittel sind seither allein in der Altstadt eingesetzt, die wiederum ein Vielfaches an privaten Investitionen ausgelöst haben.

Bundesbauminsterin Klara Geywitz erkannte diese Leistung - die in vergleichbarer Weise für die weiteren Mitgliedsstädte gilt - mit Bewunderung an. Sie stellte in Ihrer Begrüßungsrede die Umsetzung der Städtebauförderung als gutes Beispiel für das Zusammenwirken von Bund, Land und Kommunen heraus. Rainer Nagel von der Bundesstiftung Baukultur unterstrich, dass es den Mitgliedsstädten der Arbeitsgemeinschaft in vorbildlicher Weise gelingt, die Themen der jeweiligen Zeit in eine wertschätzende und zugleich zukunftsgerichtete Planungskultur zu integrieren. Hierbei betonte er die Projekte Gründungsviertel und Beckergrube beispielhaft.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion, an der neben der Bundesbauministerin und dem Ministerpräsidenten ebenso Bürgermeister Jan Lindenau teilnahm, wurde schnell klar, dass die historischen Städte mit Blick auf aktuelle Themen wie den Klimawandel inklusive Energiekrise auf eine gute Ausgangssituation verweisen können. Die bauliche Dichte und hohe Nutzungsvielfalt sind beste Voraussetzungen für resiliente Städte. Einigkeit bestand zudem darin, dass die überragenden, baukulturellen Werte eine zentrale Voraussetzung bilden. Das schöne Bild der Stadt ist der Schlüssel für Identifikation und diese wiederum eben bedeutende Grundlage für nachhaltiges Bauen.

Dass die Herausforderungen zum Klimawandel erneut große Anstrengungen und Haltungen erfordern, auch da waren sich die Diskussionsteilnehmenden einig. Historische Städte haben nicht nur eine wichtige baukulturelle Bedeutung, aus dieser leitet sich vielmehr eine weiterführende Verantwortung ab. Es kommt beispielsweise auf ein kluges Zusammenbringen von erneuerbaren Energien und dem schützenswerten Stadtbild an, damit kulturelle Errungenschaften gewahrt bleiben aber gleichzeitig jungen Generationen eine gute Zukunft ermöglicht wird. Bürgermeister Jan Lindenau forderte dafür eine dauerhafte und zugleich stark vereinfachte Umsetzung der Städtebauförderung und stellt fest: „Wenn die Transformation zu einer klima- und sozialgerechteren Stadt gelingen soll, benötigen die Kommunen Flexibilität in der planerischen Praxis, damit lokale Lösungen in der gebotenen Dringlichkeit und baulichen Qualität möglich sind. In diesem Zusammenhang muss die Digitalisierung des gesamten Förderwesens einen größeren Beitrag leisten. Die vorhandenen bürokratischen Hürden stehen im Widerspruch zur Dynamik gesellschaftlicher Entwicklungen.“

Ergänzend zur Modifikation der Förderarithmetik bedarf es rechtlicher Anpassungen auf Bundesebene. „Mit Blick auf Ressourcenschonung ist das Baurecht so anzupassen, dass es eine Umbaukultur forciert, die den Bestand und das Thema Graue Energie in den Fokus nimmt. Ebenso gehören steuerrechtliche Vorteile für Leerstandsimmobilien auf den Prüfstand“ erklärt Bausenatorin Joanna Hagen und verweist auf die Berliner Erklärung, die unterschrieben von den Bürgermeister:innen der sechs Mitgliedsstädte an die Bundesbauministerin übergeben wurde.

Die Erklärung bildet die Essenz einer durch die Arbeitsgemeinschaft in Auftrag gegebenen Studie, die die Herausforderungen der Historischen Städte näher beschreibt und anhand von Beispielprojekten Lösungsansätze aufzeigt. Die Studie und die Berliner Erklärung stehen auf der Website der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung (www.ag-historische-staedte.de/aktuelles.html).

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