Veröffentlicht am 25.03.2020

Gesundheitsamt richtet telefonische Servicestelle ein

Zahlreiche Experten unterstützen das „Corona-Team“ ehrenamtlich mit ihrem Fachwissen

Aufgrund der aktuellen Situation steigen die Anforderungen an das Lübecker Gesundheitsamt täglich. Insbesondere das Aufgabengebiet des Infektionsschutzes, in das die Bearbeitung aller im Zusammenhang mit Coronavirus (COVID-19)-Infektionen fällt, arbeitet derzeit unter Hochdruck, um die zahlreichen Kontaktpersonen zu ermitteln, zu informieren und zu beraten. Nur so lassen sich Infektionsketten unterbrechen und die Ansteckungsgefahr minimieren.

Vor diesem Hintergrund hat die Hansestadt Lübeck in wenigen Tagen eine zusätzliche telefonische Servicestelle für das sogenannte „Corona-Team“ eingerichtet: Gesundheitsamt und Informationstechnik haben in enger Zusammenarbeit nach den aktuellen Vorgaben zur Kontaktvermeidung 25 neue Computer-Arbeitsplätze verteilt auf fünf Räume geschaffen. Weitere Raumkapazitäten stehen ggf. zur Verfügung. Das ursprüngliche Team des Infektionsschutzes wurde kurzfristig auf eine aktuelle Personalstärke von derzeit 60 Personen aufgestockt, die im Zwei-Schicht-Betrieb sieben Tage die Woche für die Kontaktermittlungen und Erfassung von so genannten Indexpatienten von 8 bis 20 Uhr zur Verfügung stehen. Außerdem beantworten die Mitarbeiter:innen die Fragen zu medizinischen Corona-Themen der Lübecker Bürger:innen, die über die zentrale Rufnummer (0451) 115 von montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr bei der Hansestadt Lübeck eingehen.

Bereits vor seinem offiziellen Amtsantritt verstärkt Privat-Dozent (PD) Dr. med. Dipl.-Kfm. Alexander Mischnik, der zum 1. April 2020 die Leitung des Gesundheitsamtes übernimmt, das „Corona-Team“. Der 41-jährige Mediziner ist Facharzt für Innere Medizin, Mikrobiologie und Infektiologe. „Gerade in der aktuellen Lage mit den großen medizinischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, vor die uns die Coronavirus-Krise stellt, freuen wir uns sehr, dass wir mit Dr. Mischnik einen Experten für Infektionskrankheiten und Infektionsepidemiologie für die Leitung des Bereichs Gesundheitsamt gewinnen konnten“, so Sozialsenator Sven Schindler.

Sehr positiv ist auch die Entwicklung, dass sich viele Ehrenamtliche mit zum Teil beeindruckender Fachspezialisierung, Engagement und großer Bereitschaft beim Gesundheitsamt gemeldet haben, um die Arbeit des „Corona-Teams“ zu unterstützen. Das Team kann dadurch um Experten in Virologie, Katastrophenmanagement und Public Health erweitert werden, sodass derzeit eine breite Spezialisierung, Kompetenz und Personalstärke vorhanden ist. Die neuen Kompetenzen haben sich hervorragend in die derzeitigen Aktivitäten integrieren lassen und sichern eine gute Aufstellung für die aktuellen immensen Herausforderungen.

„Dank der vielfältigen externen Unterstützung sowie der schnellen Realisierung zusätzlicher Arbeitsplätze positioniert sich das Gesundheitsamt Lübeck bereits jetzt überdurchschnittlich und fühlt sich derzeit angemessen vorbereit für die zukünftigen Entwicklungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie“, so Bürgermeister Jan Lindenau. „Falls die Lage es erforderlich macht, wird die Hansestadt Lübeck darauf reagieren und den personalbedarf anpassen.“

Hintergrund: Ermittlung von Kontaktpersonen

Eine zentrale Aufgabe im Infektionsschutz ist die Ermittlung von so genannten Infektionsketten. Die generelle Vorgehensweise des Gesundheitsamtes sieht folgendermaßen aus: Die Ermittlung der Infektionskette von Corona-Verdachtsfällen erfolgt schrittweise von innen nach außen. Zuerst wird mittels einer systematischen Befragung eine Liste der Personen erstellt, die direkten Kontakt zum Betroffenen bzw. zur Betroffenen im gefährdeten Zeitraum hatten. Ermittelte Kontaktpersonen werden informiert und unter häusliche Isolation (Quarantäne) gestellt. Sie werden täglich durch Ärzte des Gesundheitsamtes und Hausärzte telefonisch betreut. Weitere Maßnahmen werden der Lage angepasst und durchgeführt. Dies soll dazu beitragen, die Infektionsketten so schnell wie möglich zu unterbrechen, um eine Ausbreitung des Erregers zu verhindern. Auch mit den Kliniken in der Hansestadt Lübeck (UKSH, Sana Klinik, DRK Marli und Marienkrankenhaus) konnte so der Kontakt niedrigschwellig ausgebaut werden, um Patienten und Kontaktpersonen außerhalb der Kliniken optimal zu erfassen und zu betreuen.

Corona-Pandemie - Die häufigsten Fragen zu medizinischen Themen:

Wie hoch ist die Gefahr, die von einer Infektion ausgeht?

Der weit überwiegende Teil aller Infektionen (ca. 80 Prozent) verläuft mit milden Symptomen, eher vergleichbar mit einer Erkältung. Schwerere Verläufe der COVID-19-Erkrankung mit Anzeichen von Atemnot treten bei ca. 15 Prozent der infizierten Personen auf und etwa einer von zwanzig Infizierten entwickelt eine voll ausgeprägte Pneumonie, das heißt eine schwere Lungenentzündung. Zur Häufigkeit der durch SARS-CoV-2 verursachten Todesfälle gibt es unterschiedliche Schätzungen, so dass dies im Moment nicht abschließend beantwortet werden kann. Besonders gefährdet sind ältere Personen und Personen, die Vorerkrankungen haben. Vermutlich liegt die Sterblichkeit nach Infektion mit SARS-CoV-2 etwas höher als bei der echten Virusgrippe (Influenza), wobei auch diese von Jahr zu Jahr schwankt.

Welche Personengruppen sind besonders gefährdet?

Neuere Daten legen nahe, dass besonders ältere Personen ab 50-60 Jahren mit Vorerkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankung, Immunschwäche etc.) gefährdet sind. Kinder und Schwangere sind interessanterweise im Unterschied zur echten Grippe nach derzeitigem Stand nicht gefährdet. Auch für jüngere Patienten geht man derzeit nicht von einer erhöhten Gefährdungslage aus. Somit wird klar, dass die empfohlenen Hygienemaßnahmen insbesondere zum Schutz der o.g. Personengruppen dienen.

Wer sollte einen Coronavirus-Test (Nasen-/Rachenabstrich) erhalten?

Die Laborkapazitäten sind begrenzt und müssen daher sorgfältig genutzt werden. Nur nach ärztlicher Vorgabe und nur bei Vorliegen von Krankheitssymptomen sollte eine Untersuchung erfolgen. Hier muss zwischen leicht und schwerer Erkrankten unterschieden werden. Die o.g. Risikogruppen sollten selbstverständlich Vorrang haben.

Ich bin eigentlich nicht schwer krank, aber besorgt und möchte gerne einen Test. Kontakte zu einem Patienten hatte ich meines Wissens nicht.

Der Wunsch ist nachvollziehbar, aber leider derzeit nicht umsetzbar. Es ist hoffentlich für jeden verständlich, dass sorgfältig durch den Arzt ausgewählt werden muss, wer einen Test erhält. Jeder unnötige Test kann prinzipiell einem schwer kranken Patienten fehlen.

Wie wird sich die Situation weiter entwickeln?

Dazu kann vermutlich niemand eine verlässliche Prognose abgeben, weil eine solche Situation noch nie dagewesen ist. Politiker sollten sich an die Empfehlungen der Mediziner, vor allem Virologen und Epidemiologen halten.

Kann ich überhaupt dazu beitragen, dass die Pandemie eingedämmt wird?

Selbstverständlich! Nur, wenn wir alle zusammen die empfohlenen Hygienemaßnahmen einhalten, kann dies erreicht werden. Daran sollte jeder denken.

Der Rat an den Einzelnen ist, soziale Aktivitäten zu drosseln und soziale Kontakte soweit wie möglich einzuschränken: Was genau ist damit gemeint?

Die Übertragung erfolgt durch nahen Kontakt mit infizierten Personen. Dementsprechend wird die Ausbreitung des Virus durch Reduzierung der nahen Kontakte mit anderen Personen gehemmt. Dies vermindert sowohl das eigene Risiko für eine Ansteckung als auch das Risiko für die Bevölkerung insgesamt. Es wird daher empfohlen, auch private Feiern, Gruppentreffen und ähnliche Veranstaltungen möglichst zu vermeiden. +++