Veröffentlicht am 28.03.2013

Zukunftsorientierte Stadtentwicklung Lübeck 2030

Stadt stellt Studien zu Wohnen, Gewerbe, Klimawandel, Hafen und Tourismus vor

Die Anträge zur Bürgerschaftssitzung vom 28. Februar 2013 zur „Zukunftsorientierten Stadtentwicklung Lübeck 2030“ stehen als Aufgabenstellung bis September 2013 im Arbeitsprogramm der Verwaltung. Im Rahmen eines Pressegespräches stellten Bürgermeister Bernd Saxe, Bausenator Peter Boden, Wirtschaftssenator Sven Schindler sowie Umweltsenator Bernd Möller heute die ersten Entwicklungsaussagen der gesamtstädtischen Konzepte zu den Themenbereichen Wohnen, Gewerbe, Landschaftsplan Klimawandel, Wertschöpfung Hafen sowie Tourismus vor. „Mit diesen Konzepten zeigen wir auf, wie sich Lübeck in den nächsten Jahrzehnten entwickeln kann. Die Gremien der Bürgerschaft müssen die notwendigen Entscheidungen treffen“, so Saxe.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Studien:

  • das Wohnungsmarktkonzept,
    • das Gewerbeflächenentwicklungskonzept,
    • die Thematische Landschaftsplanfortschreibung Klimawandel Lübeck,
    • die Wirtschaftliche Bedeutung des Lübecker Hafens, regionalökonomische Verflechtungen und Wertschöpfungskette für Stadt und Region (10/2012) sowie
    • das Touristisches Entwicklungskonzept 2020+.

Mit der Erarbeitung der Konzepte wird das Ziel verfolgt, Entwicklungsszenarien zur städtebaulichen Entwicklung bis 2025/30 zu erhalten. Die vorliegenden Konzepte sollen der Vorbereitung der Fortschreibung beziehungsweise Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes dienen. Im weiteren Verfahren wird basierend auf dem jetzigem Zwischenbericht eine intensive Abstimmung zwischen allen Beteiligten erfolgen: Suchräume müssen spezifiziert und ein flächenscharfer Abwägungsprozess durchgeführt werden. Im Ergebnis sollten die Flächen umgrenzt werden, die in Zukunft aufgrund ihrer Standorteignung und ihres vergleichsweise geringen Konfliktpotenzials mit dem Umwelt- und Naturschutz prioritär für die Wohnbau und Gewerbeentwicklung vorgesehen werden sollten. Es wird angestrebt, diese Flächenzuordnung der Bürgerschaft im September 2013 zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.

Nachfolgend sind die wichtigsten Kernaussagen sowie Übereinstimmungen und Widersprüche aufgeführt:

Wohnungsmarktkonzept

  • Bevölkerungsentwicklung stabilisieren, attraktive Angebote für ein breites Spektrum an Nachfragern bereitstellen, Profilierung gegenüber dem Umland durch Betonung der urbanen Wohn- und Freizeitqualitäten, um Einpendler als Bewohner zu gewinnen.
    • Priorisierung der Innenentwicklung zur Stabilisierung vorhandener Infrastruktur, Erhalt preisgünstigen Wohnraumes, Ersatzneubau in Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft - Flächenbedarf: Von 850 zusätzlichen Wohneinheiten im Einfamilienhaus- /Stadthaussegment nach der mittleren Prognosevariante sind 450 WE durch Reserven in bestehenden und in der Entwicklung befindlichen Baugebieten abgedeckt. Für 400 WE sind zusätzliche Flächen erforderlich (ca. 15 ha netto).
    • Der ermittelte Bedarf an Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern wird durch Ersatzneubau auf bestehenden Wohnbauflächen (Abriss und Neubau im Wohnungsbestand) oder bisher gewerblich genutzten Flächen (Bsp. nördliche Wallhalbinsel, Falkenstraße) gedeckt. Es besteht kein Bedarf an zusätzlichen Flächen
    • Suchräume für Neubau sind in erster Linie die Wohnstandorte wie St. Jürgen und Travemünde (Bsp. Fischereihafen/Baggersand, Neue Teutendorfer Siedlung) sowie innenstadtnahe Brach- und Konversionsflächen (Bsp. Gründungsviertel, Falkenstraße, Bahnflächen St. Lorenz Süd, Johannes-Kepler-Schule)

Gewerbeflächenentwicklungskonzept

  • Sicherung eines nachfragegerechten Angebotes an gewerblichen Flächen, Profilierung von Standorten
  • Chancen und Entwicklungspotentiale der Projekte feste Fehmarnbeltquerung und Ausbau A 20 für den Wirtschaftsstandort Lübeck nutzen
  • Zukunftsvorsorge durch kommunale Bodenvorratspolitik, forcierte Brachflächenentwicklung, Flächensparen durch Abbau von Aktivierungshemmnissen
  • Flächenbedarf: 56 ha netto nach dem „Entwicklungsszenario“
  • Suchräume sind vorzugsweise Standorte entlang der A 1. Ferner richtet sich der Fokus auf Standorte im Umfeld der A 20 im Lübecker Süden, z.B. im Bereich Flughafen oder Gewerbegebiet Genin-Süd. Hochwertige innenstadtnahe Standorte kommen eher in Frage (Bsp. Umfeld Hochschulen)

Thematische Landschaftsplanfortschreibung Klimawandel in Lübeck

  • Vorhandene Freiraumqualitäten (Wald, Niederungen, Gewässer mit Randbereichen) sichern und behutsam in Abstimmung mit anderen Flächenansprüchen entwickeln
    • Flächenbedarf: nicht quantifizierbar. Generell wird der Schutz von Freiflächen angestrebt.
    • Suchräume: Der Untersuchungsraum ist entsprechend das gesamte Stadtgebiet. Bei bestimmten Flächen besteht ein besonders hoher Schutzanspruch (Niederungen, Wälder und Dauergrünlandbereiche) bzw. Anpassungsbedarf an den Klimawandel (Niederungen, Feuchtgebiete, Wald, Gewässer, hochwassergefährdete Bereiche, Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete, Luftaustauschbahnen, Biotopverbünde und ostseenahe Erholungsgebiete).
    • Da hier schon flächenhaft Maßnahmen und mögliche Konflikte dargestellt sind und ein genereller Schutzanspruch des Freiraumes besteht, kann das Konzept als Grundlage für den räumlichen Abgleich der drei Konzepte dienen

Übereinstimmungen

  • Alle Konzepte weisen auf die Notwendigkeit der Entwicklung innerstädtischer Wohn- und Gewerbeflächen aus Gründen der Standortqualität und Nachhaltigkeit hin. Neue Bauflächen sollen flächensparend und möglichst unter Nutzung vorhandener Infrastruktureinrichtungen entwickelt werden, Baulücken und Brachen sollen aktiviert werden. Im Rahmen des Gewerbekonzeptes wurde dazu ein sehr umfangreiches Brachflächenkataster angelegt. Dem Wohnungsmarktkonzept liegt das Leitbild Innen- vor Außenentwicklung zugrunde
    • Das Wohnungsmarktkonzept hebt zur Erreichung einer positiven Bevölkerungsentwicklung die Notwendigkeit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze hervor. Umgekehrt sieht das Gewerbekonzept die Notwendigkeit, ein Arbeitsplatzwachstum durch entsprechende Wohnraumangebote zu begünstigen. Die Anforderungen an qualitativ hochwertige Wohn- und Arbeitsumgebungen bedingen die Erhaltung bzw. Schaffung einer hohen Freiraumqualität.
    • Neue Wohnbau- und Gewerbeflächen können erhöhten Ansprüchen des Landschaftsplanes Klimawandel (zumindest in Teilen) gerecht werden, indem klimaangepasste Siedlungs- und Bauformen angewendet und bestehende Biotopverbundlinien bzw. Freiraumqualitäten in die Planung integriert werden.
    • Um entstehende Konflikte zu lösen und eine zukunftsfähige Flächenentwicklung zu gewährleisten ist die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes erforderlich, da nur ein solches Verfahren eine geordnete Abwägung aller Belange garantiert.

Widersprüche, insbesondere zu Flächenbeanspruchungen

  • Aus dem Konzept „Die wirtschaftliche Bedeutung des Lübecker Hafens“ sind aufgrund des fehlenden Flächenbezugs zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen ersichtlich, die im Widerspruch zu den anderen Konzepten stehen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei Bedarf von Hafenerweiterungen die jetzt bestehenden Standorte Skandinavienkai, Seelandkai, Schlutupkai und Vorwerker Hafen in Frage kommen. Potentielle Erweiterungsflächen stehen auf jeden Fall in Konflikt mit den Zielen der Landschaftsplanung. (z.B. Dummersdorfer Ufer, Teerhofsinsel)
    • Sich widersprechende Aussagen zwischen Wohnungsmarktkonzept und Landschaftsplan werden in geringem Ausmaß gesehen. Die Entwicklung von zusätzlichen Wohnbauflächen außerhalb bestehender Siedlungsstrukturen wird sehr moderat ausfallen, da ein Teil der zusätzlichen Nachfrage auf Potenzialflächen im bestehenden Siedlungsraum realisiert werden kann (s.o.). Es bestehen im Bereich der Suchräume hochwertige Naturschutzflächen (bspw. Landschaftsschutzgebiete in Travemünde). Auch in integrierten Lagen kann es zu Überschneidungen mit dem Natur und Umweltschutz kommen.
    • Das Wohnungsmarktkonzept und das Gewerbeflächenentwicklungskonzept widersprechen sich ebenfalls nur in geringem Maße. Bei der Flächenentwicklung im Außenbereich bestehen sehr unterschiedliche Standortanforderungen. So werden für die Gewerbeansiedlung autobahnnahe Standorte gesucht, für die Wohnbauentwicklung immissionsarme Standorte mit Versorgungs-, Freiraum- und Freizeitbezug. Entsprechend weichen die oben genannten Suchräume ab. Da ein Schwerpunkt der Gewerbeflächenentwicklung auf hochwertigen Gewerbestandorten liegen soll, die auch in integrierten Lagen realisiert werden können – z.B. im Umfeld der Hochschulen – können Flächenansprüche für Wohnbauentwicklungen kollidieren, die im konkreten Verfahren abgewogen werden können.
    • Der Flächenbedarf aus dem Gewerbeflächenentwicklungskonzept steht, sofern bisher landwirtschaftlich oder als Wald genutzte Flächen in Anspruch genommen werden sollen, im Widerspruch zum Landschaftsplan. Der Wert von 56 ha wird jedoch ebenfalls als relativ moderat angesehen. Im Umfeld der Suchräume Flughafen und Genin-Süd befinden sich wertvolle Naturräume, sodass Konflikte hier wahrscheinlich sind.
    • Die KWL geht von einem deutlich höheren Flächenbedarf aus. Hier muss eine Entscheidung getroffen werden, welcher Wert zugrunde gelegt werden soll. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass laut Gewerbeflächenkonzept ein zusätzliches Potenzial an unbebauten Gewerbebestandsflächen von 117 ha besteht, welches sich jedoch derzeit nicht in der Vermarktung befindet (Bsp. Dodenhof-Fläche). Sollten hier Flächen einer Vermarktung zugeführt werden, könnte sich der zusätzliche Flächenbedarf entsprechend verringern. +++