Sanierung der Kriegsstubenbau-Fassade des Rathauses beginnt

Veröffentlicht am 27.05.2002

Sanierung der Kriegsstubenbau-Fassade des Rathauses beginnt

Sanierung der Kriegsstubenbau-Fassade des Rathauses beginnt

020391L 2002-05-27

Nachdem sich ein Stück Mörtel aus der Fassade des sogenannten Kriegsstubenbaus des Lübecker Rathauses (Marktseite) gelöst hatte, sind seit Herbst 2001 umfangreiche Bestandsaufnahmen an der Fassade mit Erstellung einer detaillierten Schadenskartierung durch den Restaurator Jochen Seebach aus Emkendorf bei Kiel vorgenommen worden. Nach Aufstellung einer entsprechenden Kostenberechnung durch den Bereich Hochbau und Einstellung der erforderlichen Mittel im städtischen Haushalt 2002 soll nun mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden.

Der Kriegsstubenbau des Lübecker Rathauses wurde 1442-1444 durch den Baumeister Nikolaus Peck als Erweiterungsbau errichtet und ist der südlichste Teil des langen Flügels zwischen der Breiten Straße und dem Markt. Frühere Bezeichnungen dieses Teiles am Rathaus waren auch das “Neue Gemach” oder das “Herrengemach”. Während die Marktseite nur aus glasierten Ziegeln in unterschiedlicher Farbigkeit errichtet ist, weist die Fassade an der Breiten Straße einen Wechsel in den Schichten von schwarz glasierten sowie roten unglasierten Ziegeln auf. Bis zur Zerstörung an Palmarum 1942 hatte die Kriegsstube eine überaus wertvolle Ausstattung, geschaffen in den Jahren 1594-1613 durch Tönnies Evers dem Jüngeren.

Seit der Erbauung erfolgten diverse Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten unterschiedlichen Umfangs: So wurden bereits im Jahr 1549 drei der Säulen aus Granit erneuert. 1828 fand eine Instandsetzung der Marktseite des Kriegsstubenbaus statt, bei der neben dem Einsatz von Verankerungen auch die Fensterbrüstungen neu abgedeckt und die oberen Bereiche einiger Türmchen erneuert wurden. 1868/69 erfolgte wiederum eine umfangreiche Ausbesserung der Westfassade (Marktseite), in den Jahren 1873-1876 eine Ausbesserung der Ostfassade. 1880-1889 wurde die Kriegsstube renoviert, 1893/94 wurde die Renaissancetreppe in der Breiten Straße erneuert. 1942 folgten nach den schweren Brandschäden durch die Bombardierung Lübecks nur notdürftige Sicherungsarbeiten. 1951 wurde der Kriegsstubenbau wieder instand gesetzt und erhielt auf dem breiten neu ausgeführten Sandsteinfries ein vierzeiliges Sgraffito (Schriftband aus doppelschichtigem Mörtel; von graffiare, ritzen), das die Geschichte des Baus erläutert. 1971/72 erfolgten Reparaturarbeiten am Mauerwerk der marktseitigen Fassade, und das Schriftband wurde erneuert.

Die vorliegende Bestandsaufnahme der Marktseite zeigt auf, wie gravierend die Schädigung an den Ziegeln und am Schriftband in den letzten Jahren vorangeschritten ist und daß die jetzt eingeleiteten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen unumgänglich und dringlich sind. Im Kern handelt es sich um folgende Einzelmaßnahmen, die in Abstimmung mit dem Bereich Denkmalpflege und dem begleitenden Restaurator Jochen Seebach festgelegt wurden:

  • Instandsetzung des Fugenwerks zu ca. 80 Prozent der Fassadenfläche
  • Einbau eines statischen Rahmensystems zur Verbindung der drei freistehenden Schaugiebel mit dem Baugefüge
  • notwendiger Steinersatz gemäß Schadenskartierung (ca. 1500 Stück Normal- und Formsteine)
  • Erneuerung des zweifarbigen Sgraffito -Bandes oberhalb der Fenster
  • Oberflächenschutz der Fassadenrückseite
  • Restaurierung der Wappenschilder
  • Anstricherneuerung der Holzfenster

Die Gesamtkosten der Sanierung sind auf 280 000 Euro veranschlagt.

Zur Zeit sind Probebrände einzelner Mustersteine in Auftrag gegeben worden, nach deren Fertigungsprozessen eine definitive Aussage über einen verbindlichen Zeitraum für die Durchführung der Sanierung erfolgen kann. Der Bereich Hochbau geht davon aus, daß die erforderlichen Arbeiten bis zum Winter dauern und daher mit einem Ende der Maßnahme im ersten Halbjahr 2003 zu rechnen ist. Die Sanierung wird angesichts der vielen Veranstaltungen auf dem Markt in bewährter Weise - wie schon bei der Sanierung der Renaissance-Fassade - mit den entsprechenden Beteiligten abgestimmt, um so eine Beeinträchtigung der Marktnutzung zu minimieren. +++