Erneut dramatischer Einbruch bei der Gewerbesteuer in Lübeck

Veröffentlicht am 27.02.2002

Erneut dramatischer Einbruch bei der Gewerbesteuer in Lübeck

Erneut dramatischer Einbruch bei der Gewerbesteuer in Lübeck

020173L 2002-02-27

Einen Tag vor der geplanten Verabschiedung des Doppelhaushalts 2002/2003 hat Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe heute eine neue Hiobsbotschaft für die städtischen Finanzen ereilt: Völlig unerwartet muß die Hansestadt Lübeck bei der Gewerbesteuer für die Jahre 2002 und 2003 insgesamt einen Einbruch von rund fünf Millionen Euro hinnehmen.

Bürgermeister Saxe: “Das ist ein harter Schlag. Kurz vor dem Ziel der Verabschiedung eines Doppelhaushaltes werden wir ausgebremst und um den Lohn unserer erfolgreichen Konsolidierungsmaßnahmen betrogen, die unter großen Anstrengungen und Einschnitten zustande gekommen sind.” Ein kleiner Trost ist zumindest, daß mit dem Gewerbesteuereinbruch kein Arbeitsplatzabbau in der Lübecker Wirtschaft verbunden ist.

Der Grund für den dramatischen neuerlichen Einbruch der Steuereinnahmen liegt in der gesetzlichen Neuregelung für die Bildung von steuerlichen Organschaften, die es Unternehmen erlaubt, das eigene Ergebnis mit den Gewinnen und Verlusten der Tochterunternehmen am Hauptsitz zu verrechnen. Die Organschaft ist einer der Hauptgründe für die großen Verluste bei der Gewerbesteuer in den Kommunen.

Seit 1999 hat die Hansestadt Lübeck rund 40 Prozent ihrer Gewerbesteuereinnahmen verloren. “Seriöse Haushaltsplanung ist da nicht mehr möglich. Eine Vielzahl von Kommunen sind praktisch handlungsunfähig. Jeder Haushaltsentwurf wird so zur Makulatur,” beschreibt Saxe seinen Job als oberster Kämmerer der Hansestadt.

Saxe fordert deshalb kurzfristige Hilfen zum Ausgleich der Steuerausfälle, die die Hansestadt in der schlimmsten Haushaltskrise seit 1949 gefangen halten. Ferner mahnt der Bürgermeister gegenüber der Bundesregierung eine unverzügliche Reform der Gemeindesteuern an: “Die Reform der Gemeindefinanzierung ist überfällig und ist dem gewachsenen Aufgabenspektrum der Kommunen und den veränderten Rahmenbedingungen der globalisierten Wirtschaft anzupassen.”

Zwar sei die Maßnahme von Bundesfinanzminister Eichel, eine Kommission einzusetzen, die Vorschläge für eine Gemeindesteuerreform erarbeiten soll, zu begrüßen. “Aber das dauert zu lange. Da muß mehr Tempo rein. Jeden Euro, den wir jetzt verlieren, können wir nicht in öffentliche Investitionen stecken, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln,” sagt Saxe mit Blick auf die große Bedeutung der Kommunen als größter öffentlicher Investor, der zwei Drittel aller Investitionen von Bund, Land und Kommunen tätigt.

In einem ersten Schritt sollte als Hilfe für die Kommunen die Gewerbesteuerumlage gesenkt werden, die Bund und Land als Anteil an dem kommunalen Gewerbesteueraufkommen erhalten. Die Gewerbesteuerumlage wurde damals im Zuge der Unternehmenssteuerreform in Erwartung einer guten Konjunkturentwicklung angehoben. Auf die Hansestadt Lübeck bezogen, erhöhte sich die Gewerbesteuerumlage gegenüber 2000 (19,3 Prozent) auf 21,2 Prozent für das Jahr 2001 und 23,5 Prozent für 2002. Saxe: “Das ist nach dem gegenwärtigen Stand eine Mehrbelastung von rund zwei Millionen Euro, die durch die Erhöhung der Umlage entstanden ist. Die Konjunktur ist zwischenzeitlich eingebrochen, so daß hier eine Korrektur dringend geboten erscheint.” Zur Erklärung: Laut Haushaltsentwurf (ohne die heutigen Ausfälle) rechnete die Hansestadt Lübeck bislang mit Gewerbesteuereinnahmen für 2002 in Höhe von 46 Millionen Euro. Davon wiederum ist die Gewerbesteuerumlage in Höhe von rund elf Millionen Euro abzuziehen.

Um den Kommunen wieder mehr finanzielle Kraft zu geben, müßte nach Auffassung von Lübecks Bürgermeister eine Reform der Gemeindefinanzen unter anderem folgende Punkte umfassen:

  • Abschaffung der gewerbesteuerpflichtigen Organschaft. Diese Forderung geht weiter als die der kommunalen Spitzenverbände, die lediglich die Organschaft einschränken wollen. Stärkere Bindung der Gewerbesteuer an den Ort der Wertschöpfung
  • Gewinne aus dem Verkauf von Firmenbeteiligungen sollen wieder gewerbesteuerpflichtig sein
  • höherer Anteil der Kommunen an der Körperschafts- und Einkommenssteuer. Dazu ergänzend eine Aufteilung der Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer in Wohnsitz und Arbeitsstätte im Verhältnis von 50 zu 50. Dadurch wird die Schaffung von Arbeitsplätzen steuerlich genauso honoriert wie die Schaffung von Wohnstätten. Bislang kommt die Einkommenssteuer nur den Kommunen zugute, in denen die Arbeitnehmer wohnen, während die Gemeinden, die die Arbeitsplätze vorhalten, leer ausgehen.

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