Veröffentlicht am 28.01.2022

Ersthelfer:innen-Alarmierung Saving Life startet in Lübeck durch

Leitstelle der Feuerwehr alamiert via Smartphone Ersthelfer:innen ab 1. Februar 2022 in Betrieb

Ein Bild der Anwendung der "SAVING LIFE" App. (28. Januar 2022)

Die Integrierte Leitstelle Lübeck für Feuerwehr und Rettungsdienst greift bei 112-Notrufen mit dem Verdacht auf einen Herz-Kreislaufstillstand zukünftig auf das Netzwerk der App-Retter „saving life“ des Arbeiter Samariter Bundes Schleswig-Holstein e.V. zu und prüft automatisiert, ob sich App-Retter in relevanter Entfernung zum Notfallort befinden. Ist dies der Fall, erhalten diese die Einsatzortadresse und ein Routingsystem führt sie auf schnellstem Wege zum Einsatzort um Hilfe zu leisten. „Die Zeit zwischen einem eintretenden Herz-Kreislauf-Stillstand und dem Eintreffen von Rettungswagen und Notarzt ist sehr wertvoll. Bereits in diesem Zeitraum begonnene Wiederbelebungsmaßnahmen können Menschenleben retten“, so Leitstellenleiter, Joachim Wulf.

Die App wird kostenlos durch den ASB zur Verfügung gestellt.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird der Herz-Kreislauf-Stillstand in Deutschland am häufigsten durch eine Herzerkrankung verursacht. Als Ursache dafür werden Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, akuter Herzinfarkt und Herzschwäche genannt. Damit ist der Herz-Kreislauf-Stillstand die häufigste Todesursache in Deutschland.

Nach aktuellen Zahlen des Deutschen Reanimationsregisters erleiden in Deutschland mindestens 60.000 Menschen pro Jahr einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Nur etwa 10 Prozent der Betroffenen überleben. Wenn mehr Menschen unverzüglich Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten würden, könnten sich die Überlebenschancen der Patientinnen und Patienten verdoppeln bis verdreifachen.

Jedes Jahr könnten in Deutschland so 10.000 Leben, in Europa geschätzt mehr als 100.000 Leben zusätzlich gerettet werden. Im Jahr 2020 wurde nur bei knapp 40 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände überhaupt eine Reanimation durch Laien begonnen. Eine positive Entwicklung der Überlebenschancen ist jedoch nur durch ein koordiniertes Zusammenwirken verschiedenster Akteure möglich. Entscheidend ist das schnelle Erkennen des Herz-Kreislauf-Stillstandes und die unmittelbare Einleitung einer Herzdruckmassage in den ersten Minuten nach dem Eintritt des Herz-Kreislauf-Stillstandes.

Derart kurze Reaktionszeiten können unter wirtschaftlichen Bedingungen nur durch direkt anwesende, oder aus der näheren Umgebung koordiniert zugeführte Ersthelfer erreicht werden und nicht allein durch den professionellen öffentlichen Rettungsdienst.

Die Lübecker Einsatzleitstelle betreut den Notruf für Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz und somit ca. 250.000 Einwohner in Lübeck und im Umland. Die Disponentinnen und Disponenten bewältigen im 24/7-Schichtbetrieb täglich zirka 600 Anrufe.

Hintergrund:

Als deutsch-dänisches Interreg-Projekt für „Grenzüberschreitende Erste Hilfe“ ist Saving Life vor vier Jahren gestartet. In Zusammenarbeit von Arbeiter-Samariter-Bund Schleswig-Holstein (ASB) und seiner dänischen Partnerorganisation Dansk Folkehjaelp (DKFH) wurde seitdem viel erreicht. Auf beiden Seiten wurden mehrere 1000 Bürgerinnen und Bürger in kostenlosen Kursen als Ersthelfende ausgebildet und registriert, um bei einem medizinischen Notfall in der Nähe schnell helfen zu können. Unzählige Standorte lebensrettender Defibrillatoren wurden verifiziert und in der App sichtbar gemacht. Das überzeugte auch die Jury von "Die Helfende Hand". Deutschlands wichtigste Auszeichnung zur Würdigung ehrenamtlichen Engagements im Bevölkerungsschutz wurde 2018 vom Bundesministerium des Innern in der Kategorie "Innovative Konzepte" an Saving Life vergeben.

Parallel dazu belegten die Kreise Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein sowie die Hansestadt Lübeck im Forschungsprojekt „Meine Stadt rettet“ (abgeschlossen Ende 2020) in mehreren hundert Notfalleinsätzen den Nutzen einer Mobilisierung von Ersthelfenden via App und dem unmittelbaren Beginn von Wiederbelebungsmaßnahmen in der Praxis. Dann kam Corona – und mit dem allgemeinen Stillstand und der gebotenen Reduktion von Kontakten auf ein Minimum kam auch die Smartphone basierte Ersthelfer-Alarmierung zum Erliegen, ebenso wie die Ausbildung der Ersthelfenden. In den folgenden Monaten arbeiteten viele Kreise und kreisfreie Städte, der Schleswig-Holsteinische Landkreistag, Städteverband Schleswig-Holstein und der ASB daran, den Betrieb der Ersthelfer-Alarmierung fortzuführen und die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.

Wegen der signifikanten Erfolge des jetzt abgeschlossenen Interreg-Projekts im deutsch-dänischen Grenzgebiet in Verbindung mit dem Projekterfolg von „Meine Stadt rettet“ wird Saving Life nun in Trägerschaft des ASB als flächendeckendes, landeseinheitliches System für ganz Schleswig-Holstein fortgeführt. Mit der Anbindung der Retter-App an sämtliche Rettungsleitstellen ist Schleswig-Holstein neben Brandenburg eines der ersten Bundesländer, wo dies landesweit realisiert wurde. Einmalig ist ebenso die Bildung eines App-Retter-Beirats mit den Kreisen und kreisfreien Städten, die gemeinsam über notwendige Weiterentwicklungen der App, geeignete Events und die laufende Qualitätssicherung beraten sollen.

Die App entspricht den aktuellen Erfordernissen des 10-Stufen-Plans zur Stärkung des Katastrophenschutzes in Schleswig-Holstein und berücksichtigt z. B. neben der lebensrettenden Aktivierung für Wiederbelebungsmaßnahmen auch die Einbindung von Spontanhelfenden. So ist es nun auch möglich, sich als solcher zu registrieren, um in Notlagen und bei Naturkatastrophen Unterstützung leisten zu können. Die jüngsten Geschehnisse im Ahrtal haben gezeigt, wie sehr es auf koordinierte und zielgerichtete Hilfe ankommt, um die Folgen durch bürgerschaftliches Engagement ungebundener Helfender abzumildern.

Die pandemiebedingte Pause wurde auch technisch für einen kompletten Relaunch der Retter-App genutzt. Neben einem neuen Design stehen nun auch weitere Funktionen zur Verfügung. Das System wurde außerdem auf eine moderne, entwicklungsfähige Plattform aufgesetzt.

Die überarbeitete Smartphone-Applikation SAVING LIFE steht in den App-Stores zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Weitere Informationen sind online abrufbar unter www.savinglife.de+++