Die Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG) möchte dem Verein belgischen Rechts Federation of European Private Port Operators vzw (FEPORT) beitreten.
Über den Beitritt zu einem Verein entscheidet nach § 28 Nr. 18 a der Gemeindeordnung
Schleswig-Holstein die Bürgerschaft. Der Beitritt zu einem Verein kann unter der Maßgabe erfolgen, dass die Voraussetzungen der §§ 102 und 105 der Gemeindeordnung eingehalten sind.
Gesellschaftsrechtlich ist in der Lübecker Hafen-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (LHG) die Geschäftsführung zuständig, den Bürgerschaftsbeschluss umzusetzen. Der Aufsichtsrat der LHG wurde in seiner Sitzung am 16.06.2023 über das Vorhaben informiert und hat die schriftliche Vorlage zum geplanten Vereinsbeitritt zur Kenntnis genommen.
Die LHG ist ein 100%iges Beteiligungsunternehmen der Hansestadt Lübeck (HL) und betreibt die öffentlichen Häfen in der Hansestadt Lübeck. Die LHG betreibt entlang der Trave vier Hafenterminals mit 18 Schiffsanlegern und einer Gesamtfläche von 156 Hektar. Neben dem Kerngeschäft, dem Hafenumschlag, dem Stauereibetrieb und der Lagerhaltung bietet die LHG als moderne Logistikgruppe gemeinsam mit ihren Tochterunternehmen und Beteiligungen eine breite Palette von Dienstleistungen an. Lübeck ist Kernhafen im TEN-T-Netzwerk (Trans-European Transport Network) der Europäischen Union und befindet sich unter den Top-Ten-RoRo-Häfen in Europa.
In der angestrebten Mitgliedschaft im Verein FEPORT sieht die LHG einen Nutzen für die gesamte LHG-Gruppe und für den Hafenstandort Lübeck.
FEPORT ist eine Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht (vereniging zonder winstoogmerk, vzw) mit Sitz in Brüssel, mithin eine juristische Person belgischen Rechts. FEPORT vertritt seit 1993 die Interessen einer Vielzahl von Terminalbetreibern und Stauereiunternehmen, die den Betrieb und die Durchführung von Aktivitäten an 425 Terminals in den Seehäfen der Europäischen Union durchführen. Durch das große Netzwerk nationaler Verbände und Unternehmen vertritt FEPORT mehr als 1225 Unternehmen in ganz Europa und der Türkei.
Mit der Mitgliedschaft wird die LHG Teil eines EU-weiten Branchennetzwerks und die LHG und somit mittelbar die HL erhalten Zugang zu globalen Kontakten sowie umfangreichem Wissen und Fachwissen. Mitglieder erhalten regelmäßig Neuigkeiten zu Branchenpositionen, politischen Entwicklungen, Nachhaltigkeitsinitiativen und Veranstaltungen.
Die Beitragskosten für die Mitgliedschaft belaufen sich auf ca. rd. 13.200,- € p. a., die von der LHG getragen werden.
Rechtliche Bewertung
Die Hansestadt darf einem Verein, auch mittelbar, nur dann beitreten, wenn die einschlägigen Vorgaben der Gemeindeordnung (GO) dabei erfüllt sind. Das heißt,
- es muss ein wichtiges Interesse der Hansestadt an der Gründung oder der Beteiligung vorliegen
- die kommunale Aufgabe muss dauerhaft mindestens ebenso gut und wirtschaftlich
wie in Organisationsformen des öffentlichen Rechts erfüllt werden
- es müssen (auch bei einem nicht wirtschaftlich tätigen Verein) die Voraussetzungen
des § 101 GO („wirtschaftliche Unternehmen“) erfüllt sein
- die Vereinssatzung muss die Pflichtinhalte gem. § 102 Abs. 2 GO enthalten.
Neben der Erweiterung des Netzwerks wird in dem Beitritt zu FEPORT die Chance gesehen, von den Ergebnissen der branchenspezifischen fachlichen Arbeit zu profitieren, insbesondere da der Verein die gemeinsamen Interessen der europäischen Hafenunternehmen gegenüber den europäischen und internationalen Organisationen vertritt.
Der Verein möchte sicherstellen, dass die europäische Politik seinen Mitgliedern die Ausübung ihrer Tätigkeit in einem wettbewerbsfähigen, sicheren und nachhaltigen Umfeld ermöglicht. Zu diesem Zweck soll eine vertrauensvolle gegenseitige Kommunikation zwischen den europäischen und internationalen Organisationen und den Mitgliedern des Vereins etabliert werden.
FEPORT verfolgt die Entwicklungen, Veröffentlichungen, Stellungnahmen, Berichte und Gesetzgebungsakte der europäischen und internationalen Organisationen. Der Verein analysiert, dokumentiert und bewertet diese bezüglich der Interessen seiner Mitglieder. Er informiert seine Mitglieder zu den aktuellen Themen und berät über mögliche Auswirkungen. FEPORT ist bestrebt, gemeinsame Positionen und Standpunkte zu formulieren und diese gegenüber der Europäischen Union und den internationalen Organisationen zu vertreten. Bei Bedarf unterstützt der Verein auch repräsentative Organisationen und einzelne Unternehmensmitglieder bei der Verteidigung ihrer europäischen und internationalen Interessen und arbeitet zusammen mit anderen Partner:innen an internationalen Projekten.
Für die LHG und mittelbar die HL vorteilhaft ist somit die frühzeitige Einbindung und Information über Entwicklungen auf europäischer Ebene. Insoweit hat die Hansestadt Lübeck auch ein wichtiges Interesse am Beitritt der LHG zu diesem Verein.
Dem Verein können stimmberechtigte und außerordentliche Mitglieder angehören. Die LHG strebt eine Vollmitgliedschaft, einschließlich des Stimmrechts an. Die Organisation des Vereins besteht aus der Mitgliederversammlung (general assembly) und dem Vorstand (board of directors). Aus den Mitgliedern des Vorstands wählt die Mitgliederversammlung zudem eine:n Vorsitzenden (chairman), der:die sowohl der Mitgliederversammlung als auch dem Vorstand vorsitzt, sowie eine:n ebenfalls von der Mitgliederversammlung zu wählende:n Generalsekretär:in (secretary general), der:die die laufenden Geschäfte des Vereins versieht. Stimmberechtigte Mitglieder werden mit Namen in der Mitgliederliste aufgeführt. Einzelne Firmen mit eingetragenem Sitz in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union können einen Antrag auf Firmenmitgliedschaft als stimmberechtigtes Mitglied stellen.
Jedes stimmberechtige Mitglied hat in der Mitgliederversammlung eine Stimme. Beschlüsse werden mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Mitgliederversammlung hat die alleinige Zuständigkeit u.a. für die Änderung der Satzung, für Wirtschaftsplan und Jahresabschluss sowie für die grundsätzliche Ausrichtung des Vereins und sonstige wichtige Angelegenheiten. Sie wählt Vorstand, Vorsitzende:n und Generalsekretär:in.
Für die Vernetzung der verschiedenen Terminalbetreiber und Stauereiunternehmen aus ganz Europa steht eine adäquate Organisationsform des öffentlichen Rechts nicht zur Verfügung.
Das Ziel der strategischen Weiterentwicklung der LHG als substantieller Teil des Port of Lübeck wird durch den Vereinsbeitritt unterstützt. Damit erfüllt der Vereinsbeitritt auch einen öffentlichen Zweck.
Die wirtschaftliche Betätigung muss nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und des Unternehmens stehen. Obgleich die dauernde Leistungsfähigkeit der Hansestadt Lübeck bisher nur annähernd gegeben ist, verändern sich durch den Beitritt der LHG zu dem Verein FEPORT die Risiken nicht zum Nachteil der Kommune. Die Leistungsfähigkeit der Kommune Hansestadt Lübeck und der LHG wird durch den Vereinsbeitritt nicht beeinträchtigt. Eine Beendigung der Mitgliedschaft ist jederzeit zum Beginn des Folgemonats möglich.
FEPORT ist nach belgischem Recht eine Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht (vereniging zonder winstoogmerk, vzw). Die Mitglieder einer solchen Vereinigung haften in dieser Eigenschaft nicht für Verbindlichkeiten der Vereinigung (Art. 9:1 des belgischen Gesetzbuchs der Gesellschaften und Vereinigungen).
Damit sind die Voraussetzungen der § 101 und 102 GO erfüllt. Auswirkungen auf bestehende Gebühren- und Beitragsregelungen der Hansestadt Lübeck oder auf personalrechtliche, mitbestimmungsrechtliche und gleichstellungsrechtliche Belange ergeben sich aus dem Vereinsbeitritt nicht.
Eine Anzeige bei der Kommunalaufsichtsbehörde nach § 108 GO ist nicht erforderlich, da der Verein nicht wirtschaftlich tätig ist (§ 105 Satz 2 GO).