Ab 2023 soll u.a. in Lübeck-Travemünde, Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Sierksdorf und Neustadt in Holstein innerhalb des zunächst dreijährigen Modellprojekts „unbeschwert unterwegs“ ein Ticket zur landesweiten Nutzung des ÖPNV für Tourist:innen eingeführt werden. Die politische Beteiligung ist für den Sommer vorgesehen. Vorbild ist u.a. die im Schwarzwald seit Jahren erfolgreich angebotene KONUS-Gästekarte, die ebenfalls mit einem Solidarmodell finanziert ist. So soll über eine Erhöhung der Kurabgabe um 45 bis 50 Cent ermöglicht werden, die „Ostseecard“ während des Urlaubsaufenthalts für beliebig viele Fahrten in Schleswig-Holstein und bis nach Hamburg Hbf nutzen zu können.
Im Zuge der Erweiterung der Gültigkeit der „Ostseecard“ dank „unbeschwert unterwegs“ wird aus Sicht der ÖPNV-Aufgabenträger Lübeck und Ostholstein eine Ausweitung des Angebots der Linie 40 nötig, um erwartbaren Kapazitätsengpässen zuvor zu kommen.
Das bisherige Angebotskonzept der Linie 40 folgt der folgenden Struktur:
- Die Linie 40 verkehrt montags bis freitags ganzjährig und ganztägig im Zeitraum 06:20 Uhr (erste Abfahrt in Lübeck) bis 19:28 Uhr (letzte Ankunft Travemünde) bzw. 19:42 Uhr (letzte Ankunft Scharbeutz) zwischen Lübeck ZOB/Hbf und Travemünde Strandbahnhof im Halbstundentakt, zwischen Travemünde Strandbahnhof, Timmendorfer Strand und Scharbeutz im Stundentakt.
- Samstags verkehrt die Linie 40 in den Zeiten von 08:20 Uhr bis 18:20 Uhr zwischen Lübeck ZOB/Hbf, Travemünde Strandbahnhof, Timmendorfer Strand und Scharbeutz im Stundentakt. Zusätzlich finden im Abschnitt zwischen Lübeck ZOB/Hbf und Travemünde Strandbahnhof in den Zeiten von 12:50 Uhr bis 18:50 Uhr weitere Fahrten statt, sodass auf diesem Abschnitt dann ein Halbstundentakt entsteht.
- Innerhalb der Saison von April bis Oktober verkehrt die Linie 40 sonn- und feiertags in den Zeiten von 10:20 Uhr bis 18:20 Uhr zwischen Lübeck ZOB/Hbf, Travemünde Strandbahnhof, Timmendorfer Strand und Scharbeutz im Stundentakt. Zusätzlich finden im Abschnitt zwischen Lübeck ZOB/Hbf und Travemünde Strandbahnhof in den Zeiten von 12:50 Uhr bis 15:50 Uhr weitere Fahrten statt, sodass auf diesem Abschnitt dann ein Halbstundentakt entsteht.
- Außerhalb der Saison verkehrt die Linie 40 sonn- und feiertags im Zeitraum von 10:20 Uhr bis 18:20 Uhr auf dem kompletten Linienabschnitt im Stundentakt.
- Die letzten Abfahrten in der Lübecker Innenstadt finden an allen Tagen jeweils bereits vor Ladenschluss (19 Uhr) statt.
Um eine nachhaltige und spürbare Verbesserung des Angebots im touristischen, aber auch im „Jedermannverkehr“ zu erzielen, wurden in den letzten Monaten zwischen den beteiligten Akteuren ÖPNV-Aufgabenträger Lübeck und Ostholstein, Stadtverkehr Lübeck (SL) und Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft (LVG) mehrere Konzeptvarianten entwickelt und besprochen. Insbesondere wurde untersucht, ob eine Verdichtung der Linie 40 bis Scharbeutz oder nur bis Timmendorfer Strand umsetzbar ist. Hierbei hat sich eine Verdichtung zum Halbstundentakt auf dem kompletten Linienweg bis Scharbeutz als zu aufwändig herausgestellt. Dies hat den Hintergrund, dass im Linienabschnitt Timmendorfer Strand ZOB – Scharbeutz bereits mit der Linie 5803 des Kreises Ostholstein ein weiterer Linienverkehr vorhanden ist, der zum Dezember-Fahrplanwechsel ohnehin hin zu einem klaren, ganztägigen und ganzjährigen stündlichen Taktangebot zwischen Timmendorfer Strand und Neustadt aufgewertet werden soll.
Da die Fahrpläne beider Linien fahrplansymmetrisch ausgerichtet sind, lässt sich am ZOB in Timmendorfer Strand eine gute Verknüpfung in beide Fahrtrichtungen einrichten, sodass in Kombination der Linien 40 und 5803 im Gesamtkorridor Travemünde – Niendorf – Timmendorfer Strand – Scharbeutz ein angenäherter Halbstundentakt entstehen würde: zum einen direkt und ohne Umstieg mit der Linie 40 und zum anderen mit Umstieg von der Linie 40 auf die Linie 5803 (und umgekehrt).
Die nun vorgelegte Ausweitung der Linie 40 sieht vor:
- Das Angebot auf der Linie 40 montags bis freitags im Abschnitt Travemünde – Niendorf – Timmendorfer Strand auf einen Halbstundentakt zu verdichten (bislang Stundentakt).
- Zusätzlich montags bis freitags zwei neue Fahrmöglichkeiten auf der Linie 40 nach Ladenschluss in Lübeck einzurichten, um so auch noch nach 18:50 (bisher letzte Abfahrt) eine schnelle und umsteigefreie Rückfahrmöglichkeit von der Lübecker Altstadtinsel an die Lübecker Bucht zu schaffen.
- In der Saison von April bis Oktober soll auf dem Abschnitt Travemünde – Niendorf – Timmendorfer Strand auch samstags, sonntags und feiertags ein Halbstundentakt angeboten werden (bislang Stundentakt).
- Zusätzlich werden in der Saison auf dem Abschnitt Lübeck ZOB – Travemünde samstags, sonntags und feiertags zusätzliche Fahrten vormittags und spätnachmittags eingeführt.
Eine Ausweitung des saisonalen Angebots am Wochenende auf das ganze Jahr wäre zwar theoretisch möglich, wird zunächst wird jedoch nicht empfohlen. Es ist die weitere Entwicklung in Richtung Ganzjahrestourismus und die Entwicklung der Fahrgastzahlen und wirtschaftlichen Auswirkungen des neuen Angebots abzuwarten und zu evaluieren, um ggf. zu einem späteren Zeitpunkt in ein bis zwei Jahren noch nachzusteuern.
Die Ausweitung soll zum Fahrplanwechsel 2022/2023 bzw. in Bezug auf die zusätzlichen Fahrten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen mit Saisonbeginn 2023 erfolgen.
Finanzielle Auswirkungen:
Der Stadtverkehr kalkuliert für die Leistungsausweitung maximale Mehrkosten bis zu 642.000 EUR pro Jahr. Hiervon erstattet der Kreis Ostholstein der Hansestadt Lübeck anteilig Kosten i. H. v. 254.000 EUR pro Jahr für Betriebskosten, die auf dessen Kreisgebiet anfallen (Abrechnung an der Kreisgrenze), sodass Restkosten bis zu 388.000 EUR (Vollkosten) für die Hansestadt Lübeck verbleiben. Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich noch keine finalen Aussagen über den genauen Zugewinn zusätzlicher Fahrgäste machen, sodass mögliche Mehreinnahmen in der Kalkulation noch keine Berücksichtigung finden. Ebenfalls können noch keine Einnahmen, die aus der Umlage des Projektes „Unbeschwert Unterwegs“ entstehen werden, abgeschätzt werden. SL hat für die Kostenkalkulation die maximalen Kilometer im Jahr mit den Kilometerkosten multipliziert. Hinzu kommen noch die Kosten für das Fahrpersonal. Diese werden über die angenommenen Planstunden im Jahr ermittelt und mit den Kostensätzen multipliziert. Auf diese reinen Betriebskosten werden die betrieblichen Verwaltungskosten aufgeschlagen. Hierbei handelt es sich um anteilige Kostensätze z. B. für Vertrieb, Leitstelle, Disposition, Verkehrsaufsicht etc.
Die finanziellen Mittel sind im Produkt 547001 ÖPNV ab dem Jahr 2023 zu ordnen.
Genaue Effekte hinsichtlich eines mit der Angebotsausweitung in Kombination mit „unbeschwert unterwegs“ angestrebten Fahrgastwachstums sind vermutlich erst im Laufe des Jahres 2023 erstmals bestimmbar. Es ist vor dem Hintergrund der Einnahmenaufteilung der Verkehrsunternehmen und der Projektevaluation von „unbeschwert unterwegs“ für 2023 eine umfangreiche Erhebung mit Fahrgastzählungen und Fahrgastbefragungen geplant. Hieraus wird SL eine Umlage erhalten, die die zusätzlichen Kosten der Angebotsausweitung voraussichtlich positiv beeinflussen wird – in welchem Umfang ist derzeit nicht genau prognostizierbar.
Zunächst müsste, bevor mögliche Mehreinnahmen generiert werden, die Hansestadt Lübeck allerdings in Vorleistung gehen. Sicherheitsorientiert wird für diesen Beschluss dennoch zunächst der Worst-Case-Fall in Bezug auf die Kosten zugrunde gelegt.
Nach Ansicht des ÖPNV-Aufgabenträgers ist auch im touristischen Bereich ein Angebotsausbau im Sinne der Verkehrswende ein notwendiger Baustein, um Menschen davon zu überzeugen, das eigene Auto stehen zu lassen. Gerade durch ein gutes ÖPNV-Angebot in touristischen Destinationen wird deren Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit noch einmal gesteigert. So bietet das neue Angebotskonzept insbesondere auch Vorteile für die Erreichbarkeit Travemündes sowie eine zusätzliche Flexibilität und Attraktivität für Tagesausflüge von dort in weitere Orte der Lübecker Bucht oder auf die Lübecker Altstadtinsel. Gerade durch die Kombination mit dem geplanten, sehr attraktiven Angebot und der neuen Gültigkeit der „Ostseecard“ im Zuge von „unbeschwert unterwegs“ werden Potential und Synergien als sehr hoch eingeschätzt.
Daneben bietet die Angebotsausweitung durch die Einführung von mehr Fahrmöglichkeiten an der Lübecker Bucht und die Einführung späterer Rückfahrmöglichkeiten auch erhebliche Vorteile im „Jedermannverkehr“.
Begründung der Dringlichkeit
Die Dringlichkeit der VO zur Ausweitung der Linie 40 begründet sich aus den notwendigen betrieblichen Vorlaufzeiten bei unserer Stadtverkehr Lübeck GmbH. Im Einzelnen gibt es hier einige zeitkritischen Punkte, wie die Bereitstellung einer hinreichenden Anzahl an Fahrzeugen (vermutlich ein zusätzlicher Bus, der im Falle eines politisch positiven Beschlusses sehr zeitnah bereitgestellt werden müsste), die Ausbildung bzw. Einarbeitung zusätzlichen Fahrpersonals sowie den Redaktionsschluss des Fahrplans 2022/2023 (Dezemberfahrplanwechsel) im 3. Quartal diesen Jahres.
Für den Fall einer Vertagung der Vorlage oder eines Nichtbeschlusses kann die angedachte Angebotsausweitung der Linie 40 nicht zeitgerecht zum Fahrplanwechsel erfolgen. Zum 1. Januar 2023 startet allerdings die Ostseecard mit erweiterter Gültigkeit („kostenlose“ Nutzung des ÖPNV für Touristen).