In Lübeck-Moisling wird ein neuer Bahnhaltepunkt für die Regionalexpress-Linien RE 8 und RE 80 entstehen, der voraussichtlich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 in Betrieb genommen werden soll. Mit dem voraussichtlichen Halt beider zuvor genannter Regionalexpresslinien (und nicht nur des RE 80) geht ein lang gegenüber der NAH.SH und dem Land geäußerter Wunsch der Hansestadt Lübeck in Erfüllung: eine halbstündliche Anbindung mit schnellen Verbindungen von und nach Hamburg.
Hierdurch wird der neue Bahnhaltepunkt zum wichtigsten Zugang zum Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von und nach Hamburg für das westliche Stadtgebiet aufgewertet. Um dieser Netzbedeutung gerecht zu werden, ist nach Ansicht der Hansestadt Lübeck neben einer guten Erreichbarkeit des Bahnhaltepunkts für den Fuß-, Rad- und Kfz-Verkehr sowie hochwertigen Fahrradabstellmöglichkeiten und Park-and-Ride-Parkplätzen insbesondere eine qualitätsvolle Busanbindung des Bahnhaltepunkts nötig.
Eine gute Verknüpfung des SPNV mit dem Busnetz ist für einen nachhaltigen Erfolg des Gesamtprojekts als Beitrag zur Verkehrswende essentiell. Daher arbeitet die Hansestadt Lübeck als ÖPNV-Aufgabenträger gemeinsam mit dem städtischen Mobilitätsdienstleister Stadtverkehr Lübeck (SL) an einem Konzept, bei dem alle Buslinien in Moisling in Zukunft auch den Bahnhaltepunkt ansteuern.
Hierzu werden auf der Brücke des Oberbüssauer Weges oberhalb vom Bahnhaltepunkt Bushaltestellen mit direktem, barrierefreiem Zugang zu den Bahnsteigen geplant. Hier ist eine gute Verknüpfung mit Umsteigezeiten zwischen fünf und zehn Minuten vorgesehen. Hierdurch wird der zukünftige Bahnhaltepunkt zu einem wichtigen Mobilitätsknoten für umliegende Teile der Stadt (z. B. Buntekuh, Roter Löwe, Genin) für Wege von und nach Hamburg aufgewertet. Dadurch, dass aus diesen Bereichen aufwändige, zeitraubende Umwege via Hbf/ZOB entfallen, kann die Gesamtreisekette deutlich beschleunigt und aufgewertet werden und soll sich zukünftig konkurrenzfähiger zum Autoverkehr gestalten.
Ausgangslage und konzeptionelle Grundlagen:
Für die Anbindung des Bahnhaltepunkts Moisling wurde bislang ein Grobkonzept entwickelt, das eine grobe Schätzung möglicher Mehrkosten, die je nach Leistungspaket unterschiedlich ausfallen, ermöglichen soll (vgl. Werte in den Begründungen der Beschlusspunkte a bis d). Die Planungen des Grobkonzeptes von SL sehen dabei erstmal nur eine einfache Verlängerung aller Linien zum Bahnhaltepunkt vor ohne weitere Feinplanungen/Abstimmungen oder auch Optimierungsmöglichkeiten durchgeplant zu haben.
Mit dem einzuholenden Beschluss soll nunmehr der finanzielle und planerische Rahmen für die Ausarbeitung eines Feinkonzeptes eingeholt werden, das in erster Linie darauf abzielt, zu einem nachhaltigen Wachstum der Fahrgastzahlen beizutragen. Hierzu sollen vorrangig attraktive Anschlussbeziehungen zwischen Bus und Bahn geschaffen werden und andererseits Optimierungen im Zuge der weiter unten aufgeführten Pakete vorgenommen werden, die positiv auf das weitere Netz des Lübecker ÖPNV ausstrahlen.
Zur Ableitung entsprechender Planungserfordernisse wurde zunächst eine Stärken-Schwächen Analyse des ÖPNV-Angebots in und um Moisling durchgeführt. Insgesamt zeigt sich, dass der Stadtteil Moisling eine gute Lage im Netz des Stadtverkehrs aufweist und durch die Linie 5 (Mo – Fr mit bis zu vier bis sechs Fahrten pro Stunde), Linie 7 (Mo – Fr mit bis zu vier Fahrten pro Stunde) und Linie 11 (Mo – Fr mit bis zu vier Fahrten pro Stunde) jeweils direkt mit der Innenstadt verbunden ist. Zusätzlich stellt die Linie 12 (jedoch nur stündlich) für Moisling Verbindungen zum Citti-Park, zum Gewerbegebiet Roggenhorst und zur Dornbreite her. Das Gesundheitszentrum in Moisling ist hierbei besonders gut angebunden, da die Haltestellenanlage Oberbüssauer Weg in unmittelbarer Nähe liegt und alle Linien diese bedienen, ein Großteil der Fahrten dort sogar endet. Grundsätzlich sind in Moisling, wie auch überall sonst im Bedienungsgebiet von SL moderne, emissionsarme und barrierefreie Fahrzeuge im Einsatz. Defizite im ÖPNV-Angebot werden vor allem mit genauerem Blick in den Fahrplan sichtbar: So weist beispielsweise die Linie 5 – trotz Funktion als wichtigster Hauptlinie in Lübeck – zahlreiche Taktsprünge auf, die einerseits durch mehrfachen Wechsel der Taktfamilie (Wechsel zwischen 10- und 15-Minutentakt) sowie durch Wechsel der Taktlagen (nicht immer minutengenauer Taktfahrplan) bedingt werden. Zusätzlich ist zu konstatieren, dass es auf den beiden Hauptlinien 5 und 11 erhebliche Lücken im Abendverkehr gibt (z. Zt. jeweils nur im Stundentakt) und die Linien 7 und 12 bislang im Abendverkehr in Moisling gar nicht verkehren. Letzteres ist ihrem Charakter jeweils als Erschließungslinien vor allem für Gewerbe (Roggenhorst, Genin) und Einkaufen (Citti-Park) geschuldet. Bislang wird der Bereich „Auf dem Schild“ in Moisling durch den ÖPNV nur unzureichend erschlossen, was einer bisher fehlenden Haltestelle zuzuschreiben ist, die allerdings derzeit gebaut wird.
Weitere Potentiale werden zudem mit ganzheitlichem Blick über Moisling hinausdeutlich: Die Linien 11 und 21, die im Abschnitt Buntekuh – Innenstadt ein gemeinsames Linienbündel bilden und die Linien 11 und 4, die im Abschnitt Innenstadt – Marli – Wesloe ein gemeinsames Linienbündel bilden, fahren jeweils teilweise im Doppelverkehr. So kommt es momentan dazu, dass je nach Fahrtrichtung jede zweite Fahrt der Linie 11 pulkweise durch die Linien 4 und 21 begleitet wird. Obwohl es auf den zuvor genannten Relationen montags bis freitags ein insgesamt für Lübeck vergleichsweise üppiges Angebot von sechs Fahrten pro Stunde gibt, wird eine derart ungünstige Verteilung der Fahrten erreicht, dass für den Fahrgast rein effektiv lediglich ein 15-Minutentakt auf jeweils wichtigen Relationen entsteht.[1] Das Potential neu zu gewinnender Fahrgäste bei einer Auflösung dieser Situation im Zuge der Planungen zur Anbindung des Bahnhaltepunkts Moisling (z. B. durch drei 30-Minutentakte, die sich auf Kernabschnitten zu einem sauberen 10-Minutentakt ergänzen) wird aufgabenträgerseitig als äußerst hoch und für eine Refinanzierung der in dieser Vorlage vorgestellten Gesamtmaßnahme durch zusätzliche Fahrgeldeinnahmen sehr dienlich eingestuft.
Ebenfalls mit Blick über Moisling hinaus wird deutlich, dass es z. Zt. eine fehlende Anschlussverknüpfung der Linien 7 und 8130 in Klein Wesenberg gibt. Dies führt zu Problemen für Schüler:innen aus Moisling-Niendorf, die ihren Schulstandort in Reinfeld erreichen möchten. Ob mit den Planungen zur Anbindung des neuen Bahnhaltepunkts hier Optimierungen möglich sind, wird sich im weiteren Planungsprozess noch herausstellen.
Insgesamt lassen sich Anforderungen an die Planung zur Anbindung des Bahnhaltepunkts Moisling wie folgt zusammenfassen:
• Es soll eine qualitätsvolle Bus-Schiene-Verknüpfung für Moisling selbst und weitere Teile des westlichen Stadtgebiets, wie Buntekuh, Roter Löwe, Genin, die Gewerbegebiete Genin und Roggenhorst geben
• Hierzu verkehren die Buslinien 5, 7, 11 und 12 zum neuen Bahnhaltepunkt und stellen dort Anschlüsse an die Züge der Linien RE 80 und RE 8 her
• Anschlüsse in/und aus Richtung Hamburg haben dabei Priorität
• Es kommt zu attraktiven, passenden Umsteigezeiten (idealerweise fünf bis zehn Minuten, maximal 15 Minuten)
• Die Linien 11 und 12 tauschen in Moisling den Linienweg – somit wird eine bessere Erschließung des Bereichs Fasanenweg/Auf dem Schild ermöglicht
• Die Linie 11 verkehrt zukünftig anstatt der Linie 7 nach Moorgarten und Klein Wesenberg und erhält eine kleine Stichfahrt zum Bahnhaltepunkt (bzw. endet am Bahnhof, wenn sie nicht nach Moorgarten oder Klein Wesenberg fährt)
• Wichtige Anschlussbeziehungen im Gesamtnetz (z. B. am Kaufhof zwischen den Linien 5 und 11) bleiben erhalten bzw. werden sogar verbessert
• Sofern in einer Feinplanung und im Kostenrahmen umsetzbar erfolgen Optimierungen in der Bedienungsqualität im Sinne der Verkehrswende (z. B. durch Bereinigen von Taktsprüngen und Schließen von Taktlücken der Linie 5 und der Auflösung bisheriger Pulkbildungen und Doppelverkehre, bei denen zunächst viele Busse auf einmal und dann eine bestimmte Zeitspanne lang kein Bus auf ein und der gleichen Hauptrelation kommt)
Das Konzept soll für ganzheitliche Verbesserungen, auch im Gesamtnetz, sorgen und so eine Grundlage für nachhaltiges Fahrgastwachstum bilden. Das Projekt soll somit einen Leuchtturmcharakter für die Verkehrswende im ÖPNV in Lübeck haben.
Die zuvor dargestellten Anforderungen an die Planung werden durch die Ergebnisse einer umfangreichen Bürger:innenbeteiligung gestützt (Vorstellung der bisherigen Planungen durch ÖPNV-Aufgabenträger und SL im Beirat Moisling am 24.02.2022, über die Presse und über die Beteiligungswebsite https://uebermorgen.luebeck.de/). Aus der Bevölkerung und von Seiten des Fahrgastverbandes vorgetragene Anforderungen im Beteiligungsprozess gehen über die o.g. Planungsanforderungen des ÖPNV-Aufgabenträgers hinaus und sehen den Bedarf für zwei zusätzliche Tangentiallinien: Moisling – Genin – Sana-Klinik – Hochschulstadtteil – UKSH – Grönauer Baum und Moisling – Oberbüssau – Krummesse. Der ÖPNV-Aufgabenträger Hansestadt Lübeck schlägt vor, diese Vorschläge im Erstellungsprozess des 5. RNVP prüfen zu lassen.
Im Folgenden soll ein Überblick über verschieden umfangreiche Leistungspakete gegeben werden, die jeweils mit einer groben Schätzung der Kosten versehen wurden, die maximal zu erwartende Kosten darstellen. Hierbei ist zu betonen, dass die Kostenschätzung, die von Seiten des Stadtverkehrs vorgenommen wurde, noch vorläufig ist. Diese ist das Ergebnis einer groben Vorplanung. Optimierungen z.B. in Bezug auf Wendezeiten, Umläufe und den Fahrzeugeinsatz sind im Zuge der Feinplanung durchaus noch möglich. Zudem können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genauen Effekte hinsichtlich des mit dem Konzept angestrebten Fahrgastwachstums prognostiziert werden. Diese sind erst im Laufe des Jahres mit Fertigstellung des Verkehrsmodells der Hansestadt Lübeck prognostizierbar. Die erhofften positiven Auswirkungen sind damit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht quantifizierbar; ein möglicher finanzieller Erfolg durch neu zu gewinnende Fahrgäste konnte somit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht berücksichtigt werden.
Eine Entscheidung der Bürgerschaft zum Setzen eines maximalen Kostenrahmens muss vor dem Hintergrund der Ausschreibung zusätzlicher Busse sowie Personalsuche und Ausbildung durch SL bereits zum jetzigen Zeitpunkt getroffen werden. Im Rahmen des Feinkonzeptes wird allerdings eine Reduzierung der angenommenen Kosten angestrebt.
Zu Beschlusspunkt 1 a:
Das „Basispaket“ sieht vor, die Linien 5, 7, 11 und 12 zum Bahnhaltepunkt verlängern zu lassen sowie die zuvor erwähnten Angebotslücken im Tagesverkehr montags bis freitags auf der Linie 5 schließen zu lassen, so dass auf der Linie 5 tagsüber ein durchgängiger 10-Minutentakt entsteht. SL kalkuliert auf Basis der Grobplanung mit maximalen Mehrkosten von 1,5 Mio. EUR pro Jahr. Die noch anstehende Feinplanung der Mehrleistungen kann sich noch positiv auf die Gesamtkosten auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann zudem noch keine Aussage zu zusätzlichen Fahrgästen und damit verbundenen Mehreinnahmen gemacht werden.
Aus Sicht der Verwaltung ist dieses „Basispaket“ von hoher Bedeutung für die alltäglichen Verkehre (z. B. Pendler:innen nach Hamburg). Eine gute Anbindung zu den Hauptverkehrszeiten ist für den Erfolg des Bahnhaltepunktes unbedingt erforderlich. Zudem schafft dieses Paket einen einheitlichen, merkbaren Grundtakt auf der Linie 5 mit gleichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten am Bahnhaltepunkt – sowie im kompletten weiteren Verlauf der Linie.
Zu Beschlusspunkt 1 b:
Das „Basispaket Plus“ sieht zusätzlich zum „Basispaket“ (1 a) eine Verdichtung der Linie 5 im Abendverkehr auf einen Halbstundentakt vor (bislang Stundentakt). Dies hat den Hintergrund, dass aufgabenträgerseitig der Bedarf, hier im Abendverkehr nachzubessern als besonders hoch eingestuft wird, da die Relation der Linie 5 tagsüber Lübeck-weit das beste Angebot (zeitweise 10-Minutentakt) bietet und entsprechend über die beste Auslastung aller Linien in Lübeck verfügt. Das nur stündliche Angebot am Abend wird dieser wichtigen Funktion als Hauptlinie jedoch nicht gerecht. Zudem sind auf vielen Relationen im restlichen Netz durch Überlagerung von zwei Linien auch nach 20 Uhr noch zwei Fahrmöglichkeiten gegeben. Dies ist beispielsweise auf der Relation nach Kücknitz und Travemünde (Linien 30 und 31), auf der Relation zur Technischen Hochschule (Linien 1 und 9) oder auf der Relation nach Buntekuh über Kolberger Platz (Linien 6 und 16) der Fall.
Mit einem Halbstundentakt der Linie 5 im Abendverkehr würde zudem der auch in den Abendstunden noch halbstündlichen Ankunft (und Abfahrt) der Züge am Bahnhaltepunkt Moisling Rechnung getragen.
SL kalkuliert auf Basis der Grobplanung mit maximalen Mehrkosten i. H. v. weiteren 0,2 Mio. EUR pro Jahr, die zusätzlich zum Beschlusspunkt a) hinzukommen würden. Die noch anstehende Feinplanung der Mehrleistungen kann sich noch positiv auf die Gesamtkosten auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann zudem noch keine Aussage zu zusätzlichen Fahrgästen und damit verbundenen Mehreinnahmen gemacht werden.
Aus Sicht der Verwaltung würde mit dieser Maßnahme ein sehr positiver Beitrag zur Anbindung des Bahnhaltepunktes und durch Verdichtung des Taktes der Linie 5 im Abendverkehr für weitere Stadtteile und damit für die gesamtstädtische Verkehrswende erzielt werden.
Zu Beschlusspunkt 1 c:
Das „Mediumpaket“ erweitert das „Basispaket Plus“ (1 b) um die Einführung von halbstündlichem Abendverkehr auf der Linie 11 (bislang Stundentakt). Auch hier stehen das Fahrtenangebot tagsüber mit bis zu vier Fahrmöglichkeiten pro Stunde montags bis freitags und bis zu zwei Fahrmöglichkeiten pro Stunde samstags, sonn- und feiertags in einem Widerspruch zum nur stündlichen Abendangebot. Auch wenn die Linie 11 weniger stark als die Linie 5 ausgelastet ist, verspricht sich der Aufgabenträger von der Einführung eines adäquaten Abendangebots auf der Relation der Linie das Heben von Fahrgastpotentialen insbesondere im Gelegenheits- und Freizeitverkehr (Kino, Kultur, Kneipe), wenngleich mit geringerer Priorität als bei der Linie 5.
Zudem wird damit der auch in den Abendstunden noch halbstündlichen Ankunft (und Abfahrt) der Züge am Bahnhaltepunkt Moisling Rechnung getragen: Der Stadtteil Buntekuh wäre dadurch qualitativ hochwertig auch noch nach 20 Uhr an den Bahnhaltepunkt angebunden, wodurch zusätzliche Potentiale spät von der Arbeit zurückkehrende Pendler:innen sowie Gelegenheits- und Freizeitreisende gehoben werden könnten.
SL kalkuliert auf Basis der Grobplanung mit maximalen Mehrkosten i. H. v. weiteren 0,4 Mio. EUR pro Jahr, die zusätzlich zu den Beschlusspunkten a) und b) hinzukommen würden. Die noch anstehende Feinplanung der Mehrleistungen kann sich noch positiv auf die Gesamtkosten auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann zudem noch keine Aussage zu zusätzlichen Fahrgästen und damit verbundenen Mehreinnahmen gemacht werden.
Aus Sicht der Verwaltung ist diese Maßnahme vor dem Hintergrund der Verkehrswende und zur gesamtstädtischen nachhaltigen Stärkung des ÖPNV-Angebots sehr wünschenswert. Denkbar wäre hier allerdings auch eine zeitversetzte Einführung, wenn sich die Busanbindung des Bahnhaltepunktes etabliert hat.
Zu Beschlusspunkt 1 d:
Das „Premiumpaket“ erweitert das „Mediumpaket“ um eine Verdichtung der Linie 12 montags bis freitags zum Halbstundentakt (bislang Stundentakt). Dies gewährleistet eine Anbindung des Citti-Parks und des Gewerbegebietes Roggenhorst an den Halbstundentakt der Bahn, also sowohl RE 8 als auch RE 80. Insbesondere aus dem Gewerbegebiet Roggenhorst wird eine regelmäßigere ÖPNV-Anbindung eingefordert. Eine halbstündige Anbindung würde diesen Forderungen gerecht und den Leistungsumfang der Anbindung des neuen Bahnhaltepunkts insgesamt abrunden. Verkehrt die Linie 12 montags bis freitags nach wie vor nur im Stundentakt, ist eine fahrplansymmetrische Anbindung an RE 8 und RE 80 nicht möglich: Im Falle eines Stundentaktes der Linie 12 kann entweder auf der Hinfahrt nur ein Anschluss an den RE 8 hergestellt werden, auf der dann Rückfahrt nur zum RE 80 (oder umgekehrt). Was zu entsprechenden Verwirrungen und Missverständnissen aufgrund der fehlenden Klarheit des Angebots führen kann.
SL kalkuliert auf Basis der Grobplanung mit maximalen Mehrkosten i. H. v. weiteren 0,55 Mio. EUR pro Jahr, die zusätzlich zu den Beschlusspunkten a), b) und c) hinzukommen. Die noch anstehende Feinplanung der Mehrleistungen kann sich noch positiv auf die Gesamtkosten auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann zudem noch keine Aussage zu zusätzlichen Fahrgästen und damit verbundenen Mehreinnahmen gemacht werden.
Aus Sicht der Verwaltung ist diese Maßnahme für die Verkehrswende sehr wünschenswert, trägt zur Klarheit und Einheitlichkeit des Angebotes bei und stärkt den Wirtschaftsstandort durch eine deutlich verbesserte Anbindung des Gewerbegebietes Roggenhorst. Denkbar wäre hier allerdings auch eine zeitversetzte Einführung, wenn sich die Busanbindung des Bahnhaltepunktes etabliert hat.
Die Verwaltung spricht sich vor dem Hintergrund der anzustrebenden Verkehrswende für die Umsetzung aller Beschlusspunkte (a bis d) aus.
Finanzielle Auswirkungen der Leistungspakete:
Die Beschlusspunkte a), b), c) und d) haben finanzielle Auswirkungen für ihre Umsetzung ab Winterfahrplanwechsel 12/2023. Es ist dann ein Ausgleich der Mehraufwendungen beim Stadtverkehr notwendig. Die Höhe dieses Ausgleichs ist wie zuvor ausgeführt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt, sodass lediglich im Rahmen einer Kostenschätzung mit entsprechenden Sicherheitsreserven Maximalwerte genannt werden können, mithilfe derer ein Rahmen für die weitere Planung gesetzt werden kann (bei einer Umsetzung aller Beschlusspunkte a), b), c) und d) bis zu 2,65 Mio. EUR pro Jahr). Die einzelnen Pakete umfassen bisher die bei SL anfallenden Vollkosten auf Basis einer Grobplanung. Mögliche ergebnisverbessernde Effekte können zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. SL hat die Kostenkalkulation auf Vorplanungsniveau vorgenommen. Es werden hierfür je Variante die maximalen Kilometer im Jahr mit den Kilometerkosten multipliziert. Hinzu kommen noch die Kosten für das Fahrpersonal. Diese werden über die angenommenen Planstunden im Jahr ermittelt und mit den Kostensätzen multipliziert. Auf diese reinen Betriebskosten (Synergieeffekte aufgrund von Linienänderungen sind bereits berücksichtigt) werden die betrieblichen Verwaltungskosten aufgeschlagen. Hierbei handelt es sich um anteilige Kostensätze z. B. für Vertrieb, Leitstelle, Disposition, Verkehrsaufsicht etc. Synergieeffekte sind hier ebenfalls bereits berücksichtigt. Sobald die Variante final feststeht und die Detailplanung der SL vorliegt, werden die finanziellen Mittel im Produkt 547001 ÖPNV im Zuge der Haushaltsplanung 2023 geordnet bzw. sind für 2024 zusätzlich zu ordnen. Sobald final feststehend werden die finanziellen Mittel im Produkt 547001 ÖPNV im Zuge der Haushaltsplanung 2023 geordnet bzw. sind für 2024 zusätzlich zu ordnen.
Zur Einschätzung der Kosten sei noch darauf hingewiesen, dass in der Praxis immer wieder festzustellen ist, dass es nicht zwangsweise einen Automatismus zwischen verbessertem ÖPNV-Angebot und für die öffentliche Hand teurer werdendem ÖPNV geben muss. Beispielsweise wurde in Bremen die Anbindung einer neuen Bahnstation auch erlöstechnisch für die dortige BSAG zum Erfolgsprojekt: Der Bahnhof in Bremen-Mahndorf (6.000 Einwohner:innen) wurde an seinem ursprünglichen Standort aufgegeben, um diesen einige hundert Meter weiter zusammen mit einem kleinen ZOB und einer Straßenbahnhaltestelle neu zu bauen. Hierzu wurde eigens die Straßenbahnlinie 1 zum neuen Mahndorfer Bahnhof verlängert sowie sechs Buslinien zum Bahnhof geführt, sodass eine sehr gute Verknüpfung zwischen dem SPNV und dem ÖSPV sichergestellt werden kann.
Das Projekt wird im Nahverkehrsplan der Hansestadt Bremen (2018, S. 47) als Best-Practice-Beispiel präsentiert: „Auf der Bahnhofsnordseite wurde dafür eigens die Straßenbahnlinie 1 vom Weserpark bis zum Bahnhof Mahndorf mit einer neuen Endschleife am Bahnhofsvorplatz verlängert. Dadurch haben weite Teile im Bremer Osten nun eine deutlich bessere SPNV-Anbindung erhalten. Da ergänzend zum infrastrukturellen Ausbau und der neuen Straßenbahnanbindung auch das SPNV-Angebot des Bahnhofs Bremen-Mahndorf durch den zusätzlichen Halt der Züge der Linien RE1/RE8 und der RB37 ausgeweitet wurde, sind die Fahrgastzahlen gegenüber 2009 um mehr als 55% gestiegen, auf rund 2.700 Fahrgäste pro Tag.“
Die BSAG identifiziert das zusätzliche Angebot als Ursache für ein sinkendes Defizit durch steigende Erlöse, da hierdurch nicht mehr nur eine Lastrichtung (Innenstadt) der Linien, sondern auch eine zweite (Bahnhof Mahndorf) hinzu kommt und dies zu einer insgesamt besseren, gleichmäßigeren Auslastung führt (vgl. BREMISCHE BÜRGERSCHAFT, Drucksache 19 / 793 S, Mitteilung des Senats vom 5. Juni 2018: Ist die BSAG ein moderner und effizienter Dienstleister im ÖPNV?).
Nach verkehrsplanerischer Einschätzung des ÖPNV-Aufgabenträgers Hansestadt Lübeck und der NAH.SH als Fördermittelgeberin (für bis zu 75% der Kosten der zugehörigen Businfrastruktur in Form von Haltestellen, Überliegerplätzen und Wendemöglichkeit am neuen Bahnhaltepunkt) weist das Projekt in Moisling ebenfalls ein großes Potential auf. Selbst mit einer Fokussierung auf die Kostenoptimierung darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass eine Angebotsoptimierung nicht automatisch eine Defizitsteigerung bedingt, sondern auch die Erträge steigern kann. Dennoch wird für diesen Beschluss zunächst der Worst-Case-Fall in Bezug auf die Kosten zugrunde gelegt. Durch die Einführung eines eigenen städtischen Verkehrsmodells sowie der schrittweisen Erweiterung von automatisierten Zählsystemen in den Linienbussen erwartet der ÖPNV-Aufgabenträger, zukünftig eine fundierte Einschätzung vornehmen zu können, die die Auswirkung der Angebotsausweitung abbilden kann.