Mit der Vorlage 2018/06130, die von der Lübecker Bürgerschaft am 27.09.2018 in der durch den Jugendhilfeausschuss ergänzten Fassung beschlossen wurde, sind zur Stärkung der Straßensozialarbeit in der offenen Drogenszene zwei Streetwork-Stellen geschaffen worden. Diese waren auf zwei Jahre befristet und in diesem Zeitraum sollte eine Evaluation stattfinden.
Zwischenzeitlich ist unter dem 03.12.2019 eine Zwischenevaluation im Ausschuss für Soziales als mündlicher Bericht vorgetragen worden. Die endgültige Evaluation der beiden Stellen war im Jahr 2020 geplant und seitens des Gesundheitsamtes erstellt.
Zwischenzeitlich erfolgte der Auftrag, einen umfassenden Suchthilfeplan für die Hansestadt Lübeck zu erstellen, welcher auch diesbezüglich eine Aussage zu treffen hatte. Die Evaluation der beiden Streetwork-Stellen in der Bürgerschaft wurde daher an die Erstellung des Suchthilfeplans gekoppelt.
Der Bedarf an den Stellen wurde laufend durch fachliche Stellungnahmen des Gesundheitsamtes festgestellt. Bis zur Vorlage des Suchthilfeplans sind die Streetwork-Stellen aufgrund des bestehenden Bedarfes über je einen jährlichen Zuwendungsbescheid für die AWO und die Vorwerker Diakonie weiterfinanziert worden.
Der Suchthilfeplan wurde mit der VO/2021/10526 am 25.02.2022 in der Bürgerschaft vorgelegt und beschlossen. Demnach sind die derzeit in Lübeck vorhandenen Streetwork-Stellen im Bereich der niedrigschwelligen Hilfen ausreichend bzw. angemessen.
Aus fachlicher Sicht des Gesundheitsamtes sowie aus den zwischen dem Gesundheitsamt und den Lübecker Sucht(hilfe)experten geführten Gesprächen kann festgestellt werden, dass die von dieser Vorlage betroffenen Stellen unabdingbar sind. Ein Wegfall der Stellen würde zu einer nicht zu kompensierenden Unterversorgung im Lübecker Hilfesystem führen.
Im Rahmen des Suchthilfesystems spielen die niedrigschwelligen Angebote eine außerordentlich wichtige Rolle (siehe Suchthilfeplan S. 9, 5.2 Niedrigschwellige Hilfen).
Aufgrund ihrer sozialen Situation und der Stigmatisierung der Sucht in der Bevölkerung sowie vor dem Hintergrund häufig begleitender schwerer psychiatrischer Krankheitsbilder und drohender Strafverfolgung im Zusammenhang mit Konsum, Besitz und Weitergabe von illegalen Drogen ziehen sich viele Suchtmittelabhängige in die Isolation zurück bzw. scheuen sich, Anlaufstellen des Suchthilfesystems aufzusuchen.
Auch oft dringend notwendige medizinische Behandlungen werden aufgrund von negativen Erfahrungen und Ängsten nicht oder nur unzureichend wahrgenommen.
Hier leistet das Streetwork einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Einbindung der süchtigen Menschen in die Angebote der Suchthilfe und ggf. zur Vermittlung in ambulante oder stationäre medizinische Behandlung.
Die Arbeit der Streetworker ist eine aufsuchende, d.h. sie bewegen sich zu den bekannten Orten, an denen sich die oben beschriebene Klientel erfahrungsgemäß aufhält. In persönlichen Gesprächen bauen sie Vertrauen auf und versuchen, die Betroffenen entweder zunächst an die ebenfalls ganz niedrigschwellig angelegten bestehenden Begegnungsstätten („Mühle 77“ der Vorwerker Diakonie oder „Tea & Talk“ der AWO Drogenhilfe) anzubinden, wo ihren Grundbedürfnissen nach Ruhe, Wärme, Nahrung und Kleidung Rechnung getragen wird, oder sie direkt in weiterführende Hilfen wie Suchtberatungsstellen zu vermitteln.
Zukünftig wird bei dieser Anbindung die neue Begegnungsstätte für drogensuchtkranke Bürger:innen (vgl. VO/2021/10332) neben dem Streetwork eine tragende Rolle spielen und das bisherige „Tea & Talk“ ablösen.
Für weiter vom Stadtzentrum entfernte Treffpunkte in den Randbezirken von Lübeck steht im Rahmen des Streetworks das „Streetmobil“ zur Verfügung, durch das die Arbeit der Streetworker noch effektiver und flexibler geworden ist. Auch der Spritzentausch, ein wichtiger Bestandteil der aufsuchenden Arbeit, wird dadurch in einem größeren Teil des Stadtgebietes abgedeckt. Das hat sich ganz besonders seit Beginn der Corona-Pandemie mit den zum Teil erheblichen Einschränkungen auch bei den Suchthilfe-Angeboten sehr bewährt. („Im Bereich der Straßensozialarbeit ist durch die Einführung des StreMos eine wichtige Ergänzung zur Versorgung der Stadtteile der Hansestadt Lübeck entstanden. Zusammen mit den Kräften, die in der Innenstadt und am Hauptbahnhof zu Fuß unterwegs sind, wird diese niedrigschwellige Kontaktmöglichkeit bezüglich der personellen Ausstattung als aktuell angemessen angesehen.“ – Suchthilfeplan 2021, S. 10)
Aufgrund der Bewertung im Suchthilfeplan sind nach fachlicher Einschätzung des Gesundheitsamtes die oben aufgeführten Streetwork-Stellen dauerhaft notwendig. Sie sollen verstetigt und durch eine dauerhafte Finanzierung gesichert werden, um sowohl für die Träger und die betreffenden Mitarbeiter:innen, als auch für die damit verbundenen Aufgaben den Rahmen für Planungssicherheit und damit Sicherstellung der Versorgungsituation und idealerweise auch Kontinuität für die Betroffenen herzustellen.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Aufbau von Vertrauen in der Zusammenarbeit mit Betroffenen ein langwieriger Prozess ist, ist die Verstetigung und Sicherung der Finanzierung von besonderer Bedeutung.
Die bisher jährlich gewährten Zuwendungen sollen zum Zwecke der Planungssicherung seitens der Träger wie auch seitens der Hansestadt Lübeck zum nächstmöglichen Zeitpunkt in die jeweiligen Budgetverträge der Träger mit aufgenommen werden.
Die erforderlichen Mittel sind im Rahmen des laufenden Konsolidierungsfonds zu kompensieren.