I. Ausgangslage/Hintergrund
Die Hansestadt Lübeck - als zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1370/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 in der Fassung vom 14.12.2016 (VO-EU 2016/2338) über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (im Folgenden EU-VO 1370) - hat die Stadtverkehr Lübeck GmbH (SL) und die Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft mbH (LVG) mit der Durchführung des auf Linienverkehrsgenehmigungen beruhenden straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Gebiet der „Region Lübeck“ betraut.
Zum 01.10.2008 erfolgte auf Basis der EU-VO 1191/69 erstmalig eine Betrauung bis zum 30.09.2009. Diese Betrauung wurde gemäß Beschluss der Bürgerschaft bis zum 31.12.2017 (Beschluss vom 24.09.2011, TOP 16.2, Drs.-Nr. 984 und TOP 13.3., Drs.-Nr. 500) verlängert. Mit Wirkung vom 01.01.2011 ist die Betrauung in eine sogenannte „Direktvergabe“ bis zum 31.12.2020 im Sinne der EU-VO 1370 Art. 5 Abs. 2 übergegangen, nachdem die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden sind.
Gemäß den Vorgaben des Gesetzes über den Öffentlichen Personennahverkehr in Schleswig-Holstein (ÖPNV-G) vom 26.06.1995 in der Fassung vom 24.05.2007 können die zuständigen Aufgabenträger als Rahmen für die Entwicklung des übrigen ÖPNV einen Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) aufstellen. Dieser Rahmenplan muss zwingend u. a. Aussagen zu den verkehrspolitischen Zielen enthalten und entspricht damit einem „Strategiepapier“ im Sinne von Art. 2a Abs. 1 der EU-VO 1370.
Die Spezifikationen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Erbringung der öffentlichen Personenverkehrsdienste im Rahmen der aktuellen „Direktvergabe“ stehen im Einklang mit den politischen Zielen des aktuellen 3. RNVP der Hansestadt Lübeck (3. RNVP) für die Jahre 2014-2018.
Zu den verkehrspolitischen Zielsetzungen der Hansestadt Lübeck, die im 3. RNVP beschrieben werden, gehört die Förderung einer nachhaltigen klimafreundlichen Mobilität mit einer ausgewogenen Verkehrsmittelaufteilung und einer tendenziellen Reduzierung des Kfz-Verkehrs, die übergeordnet verfolgt werden.
Bei den Zielsetzungen für die ÖPNV-Entwicklung sind die Weiterentwicklung der ÖPNV-Qualität insgesamt, die ÖPNV-Beschleunigung, der weitere Abbau von ÖPNV-Nutzungsbarrieren und die multimodale Vernetzung des ÖPNV-Systems als zentrale Aktivitätenfelder definiert. Dazu kommen die Mobilitätssicherung für alle Bevölkerungsgruppen und der Einsatz umweltfreundlicher Technologien, mit denen der ÖPNV eine Vorbildfunktion im Klimaschutz übernehmen soll.
Im Rahmen der Aufstellung des 3. RNVP wurden gemäß § 5 Abs. 3 des ÖPNV-G die Anforderungen und Verfahrensregeln beachtet, mit denen das in Art. 2a EU-VO 1370 geforderte Verfahren für die Konsultation der einschlägigen Interessengruppen erfüllt wird.
Auf die weiteren Festsetzungen im 3. RNVP, der im Internet öffentlich zur Verfügung steht und über die nachfolgenden Link aufgerufen werden kann, wird ergänzend verwiesen (http://stadtentwicklung.luebeck.de/files/verkehrsplanung/3_RNVP.pdf).
Die Betrauung/Direktvergabe beinhaltet die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen. Aus diesem Grund ist gemäß Artikel 7 (EU-VO 1370) jährlich ein öffentlicher Bericht zu erstellen.
Der Bericht muss entsprechend der EU-VO folgende Punkte (Inhalte) enthalten:
- die politischen Ziele gemäß 3. RNVP (siehe obige Ausführungen),
- die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen,
- die ausgewählten Betreiber des öffentlichen Dienstes,
- die diesen Betreibern zur Abgeltung gewährten Ausgleichszahlungen,
- die ausschließlichen Rechte,
soweit sie in den Zuständigkeitsbereich der Hansestadt Lübeck als Aufgabenträgerin (AT) für den ÖPNV fallen und muss öffentlich zugänglich sein.
Für Schleswig-Holstein hat die LVS landesweite Verkehrsservicegesellschaft mbH (seit 27.11.2014: NAH.SH – Nahverkehr Schleswig-Holstein GmbH) mit Datum vom 17.12.2009 den Aufgabenträgern einen Leitfaden für diese Berichte über öffentliche Dienstleistungsaufträge zur Verfügung gestellt. Der nachstehende Bericht orientiert sich inhaltlich an diesem Leitfaden sowie an den in der Bundesarbeitsgemeinschaft der ÖPNV Aufgabenträger der kommunalen Spitzenverbände (BAG-ÖPNV) erarbeiteten Vorschlägen.
Der Bericht wird jeweils vom Bereich Stadtplanung und Bauordnung, Abt. Verkehrsplanung, als der mit der Wahrnehmung der operativen Aufgaben der Aufgabenträgerfunktion beauftragten Organisationseinheit in der Hansestadt Lübeck erstellt.
Die ersten Berichte umfassten jeweils den Zeitraum vom 01.01. – 31.12. Nach Kenntnisnahme durch die Bürgerschaft werden die Berichte öffentlich bekannt gemacht und im Anschluss im Internet auf der Lübeck-Seite eingestellt unter http://bekanntmachungen.luebeck.de/.
Gegen dieses gewählte Vorgehen sowie die Inhalte des Berichtes wurden keine Bedenken erhoben. Aus diesem Grunde wird für den 8. Bericht, der den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017 umfasst, das gleiche Verfahren gewählt.
Eine Unterscheidung nach Verkehrsarten ist nicht erforderlich, da sich die Zuständigkeit der Aufgabenträgerin auf den übrigen ÖPNV (straßengebundenen ÖPNV) beschränkt.
Bei den gemeinwirtschaftlichen Verkehren, die von den betrauten Unternehmen außerhalb des Stadtgebietes erbracht werden, handelt es sich ausschließlich um sogenannte ausbrechende Verkehre. Das Einverständnis zur Betrauung dieser Verkehre von den jeweiligen Umlandkreisen liegt vor. Auf die Regelungen in Art. 5 Abs. 2 b der EU-VO 1370 wird hierzu verwiesen.
Im Rahmen der Kenntnisnahme des Jahresberichtes für das Jahr 2012 wurde in der Sitzung des Bauausschusses am 26.09.2013 (TOP 4.2.3) der Wunsch geäußert, im Rahmen der jährlichen Berichterstattung die Daten der letzten 2 Jahre aus Punkt IV zusätzlich aufzunehmen.
Da es sich hierbei um zusätzliche Informationen handelt, die nach der EU-VO 1370 nicht vorgeschrieben sind und damit auch nicht veröffentlicht werden müssen, werden diese Informationen nachrichtlich in Anlage 1 zu diesem Bericht zur Verfügung gestellt.
II. Beschreibung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen
Die SL/LVG wurden mit der Erbringung des ÖPNV (Linienbusverkehr) im Gebiet der Region Lübeck auf der Grundlage der bestehenden Liniengenehmigungen und dem sich daraus ergebenden Nahverkehrsnetz nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und den Anforderungen des jeweils für die Hansestadt Lübeck geltenden regionalen Nahverkehrsplanes (RNVP) betraut.
Die Erbringung dieser Leistungen wurde als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung definiert.
Es handelt sich um einen sogenannten Dienstleistungsauftrag (ÖDA) im Sinne der EU-VO 1370.
Die Durchführung der Fährverkehre (Priwall Fähre) wurde in die Betrauung aufgenommen, da es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und somit ebenfalls um eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung der SL handelt. Da diese Leistungen nicht unter die Regelungen des EU-VO 1370 fallen, besteht keine Verpflichtung zu einer öffentlichen Berichterstattung. Aus diesem Grund sind die Daten inkl. Fähre unter Punkt V in Klammern lediglich nachrichtlich aufgegeben.
Die betrauten Unternehmen erbringen die Verkehrsleistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, ihnen stehen die Beförderungserlöse zu und sie tragen die Aufwendungen für die Leistungserstellung.
Die Betrauung beinhaltet
die Durchführung des Betriebs (Beförderungsleistungen einschl. Fahrzeugvorhaltung),
das Netzmanagement (Angebots- und Betriebsplanung, Marketing und Vertrieb),
die Vorhaltung der Infrastruktur (Betriebshof, ZOB, Haltestellen und sonstige Einrichtungen),
die Beachtung tariflicher und sonstiger Maßgaben im Schleswig-Holstein-Tarif (SH-Tarif) sowie
die Beachtung der Maßgaben im Rahmen des Aufgabenträgerverbundes – Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH (NAH.SH).
Für die Bemessung des Verkehrsangebotes gelten die Standards und Qualitätszielvorgaben des jeweils gültigen RNVP. Für Änderungen und Anpassungen gelten die im ÖDA festgelegten Regelungen.
III. Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen
Die Finanzierung der den betrauten Unternehmen für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstehenden Aufwendungen erfolgt auf der Grundlage bestehender Regeln im Konzern der Stadtwerke Lübeck Holding GmbH (SWLH).
Die Aufwendungen für den ÖPNV dürfen maximal den jährlichen Kosten entsprechen, die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen entstehen würden, dem die Durchführung nach dieser Betrauung obläge (sogenanntes „K4 Kriterium“).
Der ausgleichfähige Aufwand wird jährlich im Rahmen einer Trennungsrechnung ermittelt und fortgeschrieben. Die Trennungsrechnung wird von den betrauten Unternehmen aus der Erfolgsplanung für das Planjahr und der von der WIBERA Wirtschaftsprüfungsgesellschaft testierten Gewinn- und Verlustrechnung für das abgeschlossene Geschäftsjahr abgeleitet.
In der Trennungsrechnung werden die den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zuzurechnenden Aufwendungen und Erträge nach Abgrenzung von Restrukturierung, Rand- und Nebengeschäften, aperiodischen und neutralen Posten, Schlüsselungen usw. ausgewiesen.
IV. Erbrachte Leistungen der betrauten Unternehmen (SL/LVG) im Jahr 2017
►Betriebsleistungen:
Nutzwagenkilometer im Gebiet der „Region Lübeck“ | 9.274.297 |
Fahrplankilometer | 9.086.655 |
Leistungen im Fährverkehr | 16.140 Betriebsstunden |
Nutzwagenkilometer werden definiert als Fahrplankilometer zuzüglich der Kilometer für Verstärkerfahrten (z. B. im Schülerverkehr).
Die Verkehrsleistungen werden über ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (ITCS) überwacht und gesteuert.
►Beförderungsleistungen:
Fahrgastzahlen im Busverkehr gesamt (ohne Schwerbehinderte) | 24,9 Mio. |
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Fahrgastzahlen auf den Fähren (ohne Schwerbehinderte) | 2,9 Mio. |
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Personenkilometer im Busverkehr gesamt | 180,8 Mio. |
Es wird eine mittlere Reiseweite von 5,00 km bei der SL und 11,88 km bei der LVG zu Grunde gelegt.
►Netzmanagement:
Die Aufwendungen für die von SL/LVG erbrachten Leistungen im Rahmen der Angebots- und Betriebsplanung, des Marketings und des Vertriebs sind in den Gesamtaufwendungen enthalten und wurden gemäß den Anforderungen des aktuellen RNVP erbracht.
►Infrastruktur:
Der Bestand der Fahrzeuge von SL und LVG zur Erbringung der gesamten Leistungen war am 31.12.2017 wie folgt:
Typen | SL/LVG |
Standardlinienbusse | 89 |
Gelenkbusse | 107 |
Summe | 196 |
Die Schwankungen des Bestandes im laufenden Jahr 2017 sind nicht dargestellt.
Das Alter, die Qualität und die Umweltstandards der eingesetzten Fahrzeuge entsprachen im Berichtsjahr den Vorgaben des aktuellen RNVP.
Von SL/LVG wurden im Rahmen der konzessionierten Leistungen im Gebiet der Region Lübeck ca. 988 Haltestellen angefahren.
Die Ausstattung der Haltestellen erfolgt für die Haltestellen im Lübecker Stadtgebiet gemäß den Festlegungen im RNVP und der erfolgten Zuordnung als Schwerpunkt-, Normal- oder Einfachhaltestelle.
Im Stadtgebiet von Lübeck sind ca. 380 Haltestellen mit Fahrgastunterständen ausgestattet.
Im Stadtgebiet werden je eine zentrale Omnibushaltestelle (ZOB) in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, am Gustav-Radbruch-Platz und am Strandbahnhof in Lübeck-Travemünde vorgehalten.
55 Haltestellenstandorte im Stadtgebiet sind mit insgesamt 61 dynamischen Fahrgastinformationsanlagen ausgestattet, die Echtzeitdaten anzeigen.
Die SL/LVG halten je einen Betriebshof im Ratekauer Weg und im Gneversdorfer Weg (Travemünde) und je ein Service-Center am ZOB und in Lübeck-Travemünde an der Priwall-Fähre vor.
►Tarife:
Im innerstädtischen Verkehr und den Verkehren in der „Region Lübeck“ (Stadtverkehr inkl. ausbrechende Verkehre in die Umlandkreise) gilt seit dem 01.08.2011 der Schleswig-Holstein-Tarif (SH-T).
V. Aufwand für die Leistungen gemäß Pkt. III in 2017 und deren Finanzierung
Die Aufwendungen für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen im ÖPNV (Daten in Klammern = inkl. Fähre) betrugen in 2017 insgesamt 48,7 (52,1) Mio. Euro.
Die Finanzierung setzt sich wie folgt zusammen:
- Ausgleichsleistungen im Rahmen des bestehenden Querverbundes 23,6 % (22,1%),
- Fahrgeldeinnahmen 56,3% (58,2 %),
- Ausgleichsleistungen für Schwerbehindertenbeförderungen nach SGB IX 5,8 % (5,5 %),
- Ausgleichsleistungen der Aufgabenträger, Betriebskostenzuschüsse und sonstige Zuschüsse 7,8 % (8,1 %)
- Kommunalisierungsmittel 5,3 % (4,9 %).
Der Gesamtkostensatz der SL/LVG auf Basis des Geschäftsjahres 2017 liegt nach den Ermittlungen der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter dem festgelegten Satz für ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen und erfüllt somit die Vorgabe der Betrauung.
Damit erfüllen die Unternehmen SL//LVG vollumfänglich die Vorgaben der Betrauung.