Einleitung:
Über die finanziellen Auswirkungen des KitaG-SH wurde der Jugendhilfeausschuss am 05.03.2020 unter TOP 4.4.1 informiert. Zu diesem Zeitpunkt wurde davon ausgegangen, dass nach Finanzierung der gesetzlichen Standarderhöhungen noch ein Überschuss in Höhe von rd. 3 Mio. EUR zur Verfügung stünde.
Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung vom 25.06.2020 beschlossen, dass dieser nach Finanzierung der Standarderhöhungen erwartete Überschuss u. a. zur Finanzierung eines PIA-Jahrgangs zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte und zur Absenkung des anzurechnenden Einkommens bei der Sozialstaffel vom gesetzlich vorgesehenen Anteil von 50% auf 30% verwendet werden sollen (VO/2020/08926-06).
Die seinerzeit getroffenen Annahmen können darüber hinaus aktuell noch nicht abschließend bewertet werden, weil die im Gesetz geforderte Überleitungsbilanz von der Hansestadt Lübeck erst mit Verspätung abgegeben werden konnte. Dies betraf auch viele andere Kommunen in Schleswig-Holstein. Die vom Land angeforderten Daten konnten bei den öffentlichen und freien Trägern nicht ad hoc abgerufen werden, sondern erforderten zum Teil aufwändige Umstellungen in der Buchhaltung. Die in der Hansestadt Lübeck lange vor der Kita-Reform getroffenen Budgetvereinbarungen, samt schlankem Verfahren zur Abrechnung, führten zu einem aufwendigen Verfahren, um die vorhandenen Daten in der vom Land vorgegebenen Systematik darzustellen.
Ungeachtet dessen, wird diese für alle Kommunen aufwändige Überleitungsbilanz im Städteverband Schleswig-Holstein als wenig zielführend betrachtet. Es werden daher aus Sicht der Städte in puncto Vorher-Nachher-Bilanz eigene Berechnungen angestellt, deren Auswertung noch nicht abgeschlossen sind, womöglich aber zu Nachverhandlungsbegehren führen werden. Die Auswertung der Überleitungsbilanzen durch das Land liegt ebenfalls noch nicht vor.
Eine auf das Jahr 2021 bezogene erste Einschätzung ergibt aber, dass eine Entlastung der Hansestadt Lübeck nicht eingetreten ist. Die durch das KitaG verursachten Mehrausgaben (u.a. für Standarderhöhungen, gedeckelte Elternbeiträge) in Höhe von rund 8,5 Mio. EUR wurden durch die vorgesehene Erstattung des Landes nicht abgedeckt. Die Hansestadt Lübeck hat im Zuge der Änderungen des KitaG eine Einmalzahlung in Höhe von 0,93 Mio. EUR vom Land erhalten. Im Gegensatz zu den abgesenkten Elternbeiträgen hat damit aber keine dauerhafte Entlastung der Hansestadt Lübeck durch das Land stattgefunden. Die Absenkung des Wohngemeindeanteils an der Kita-Finanzierung, mit der sich der Landesanteil erhöht, kompensiert für die Hansestadt Lübeck lediglich die erhöhten Aufwendungen, die an die Kita-Träger für die entfallenden abgesenkten Elternbeiträge entstehen.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die strukturelle Unterdeckung in der Hansestadt Lübeck fortsetzt und das Land ggf. Bereitschaft zeigt, über die einmalige Zahlung hinaus für einen dauerhaften Ausgleich zu sorgen. Bei den in der Anlage dargestellten Aufwendungen für 2021 ist noch nicht berücksichtigt, dass sich für die Hansestadt Lübeck im Rahmen der sog. Konvergenzphase (Anpassungen der Träger-Finanzierung bis zum Beginn des Jahres 2025 auf die dann geltende gesetzlich vorgeschriebene Förderung) weitere Erhöhungen der Aufwendungen ergeben werden.
Die erhöhte Landesförderung ermöglicht damit keinerlei Spielräume für eine Entlastung von Eltern bei den Verpflegungsbeiträgen, da dies für die Hansestadt Lübeck als Konsolidierungskommune eine freiwillige Leistung darstellen würde. Entgegen der Zuschrift des Staatsekretärs Badenhop an den Verein „ElternSTIMME e.V.“ vom 01.02.2022, ist es eben keine Entscheidung der Hansestadt Lübeck als Kommune, mit welchen Mitteln sie die Verpflegung oder die Kostenbeiträge bezuschusst. In dieser Zuschrift wird nicht auf das von der Verwaltung der Hansestadt Lübeck angeführte Gebot eingegangen, alle Kinder, Familien und Träger in der Hansestadt Lübeck gleich zu behandeln. Insofern ist es richtig, dass vor dem Inkrafttreten des KitaG-SH bereits bestehende freiwillige Leistungen nicht als „konsolidierungsschädlich“ abgebaut werden müssen (so z. B. die geringeren Zuzahlungen von Eltern an den städtischen Träger).
Dem Gegenüber würde eine Subventionierung der Verpflegungspauschale bei freien Trägern Kompensationspflichten im Kontext des Konsolidierungsvertrages zwischen der Hansestadt Lübeck und dem Land Schleswig-Holstein auslösen. Gemäß Zuschrift des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung vom 09.02.2022 wären hierdurch ausgelöste Mehrbelastungen des städtischen Haushaltes in gleicher Höhe an anderer Stelle zu kompensieren.
Werden die Verpflegungsbeiträge für die Eltern beim städtischen Träger nicht erhöht, folgt aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz aber, dass dann die Zuzahlungen der Eltern an freie Träger reduziert werden müssten, was nach Mitteilung des Innenministeriums eine „neue“ freiwillige Leistung darstellt, die durch Einsparung anderer freiwilliger Leistungen kompensiert werden müsste. Dabei wäre mit Mehraufwendungen in Höhe von mindestens 3,6 Mio. EUR zu rechnen.
Beantwortung der Fragen aus dem Antrag (Beträge zum Stichtag 31.01.2022):
- Wie stellt sich die konkrete Aufteilung der Finanzierung zw. Land / Eltern / Kommunen dar, angestrebt war eine Drittelfinanzierung?
Antwort:
Aufgrund der Änderung des KitaG zum 01.01.2022, mit der die Elternbeiträge auf 5,80 EUR im U3-Bereich reduziert wurden, ergibt sich folgende Verteilung:
| HL | Land | Eltern | Summe |
U3-Betreuung je Stunde in EUR | 119,37 | 191,87 | 5,80 | 317,04 |
In Prozent | 37,65% | 60,52% | 1,83% | 100 % |
Ü3-Betreuung je Stunde in EUR | 66,95 | 105,20 | 5,66 | 177,81 |
In Prozent | 37,66% | 59,16% | 3,18% | 100 % |
Datenquelle ist das neue Finanzierungstool des Landes zur Berechnung des Wohngemeindeanteils. Der Elternbeitrag stellt die gesetzliche Höchstgrenze dar.
In der Übersicht ist der reine Finanzierungsanteil nach §§ 51 ff. KitaG dargestellt. Aufwendungen, die sich trägerindividuell ergeben wie z. B. Geschwisterermäßigung, Sozialstaffel, Ausgleiche für den Elternbeitragsdeckel u. Ä. sind unberücksichtigt.
- Wie hoch war der finanzielle Betrag, den die Hansestadt Lübeck nach Berechnungsgrundlage des Landes Schleswig-Holstein nach der KiTa-Reform zusätzlich zur Verfügung haben sollte?
Antwort:
In der Bürgerschaftssitzung im Juni 2020 wurde in der Diskussion und Beschlussfassung zu TOP 9.5 – 9.5.4 von einem Überschuss in Höhe von 3,2 Mio. EUR ausgegangen. Tatsächlich war die Ertragssituation gegenüber der Haushaltsplanung um 3,3 Mio. EUR niedriger (s. Anlage, Zelle D 37) als prognostiziert.
- Wie hoch ist der zusätzliche finanzielle Beitrag des Landes, der im Rahmen der KiTa-Reform Lübecker Eltern und Kita zugutekommt, im Vergleich zum Zeitraum vor der Reform?
Antwort:
Die Landesförderung hat sich in 2021 gegenüber 2020 um rd. 6,7 Mio. EUR erhöht (s. Anlage, Zelle D13). Darin enthalten sind verschiedene Qualitätsverbesserungen, wie z. B. die jetzt gesetzlich vorgeschriebenen Verfügungs- und Leitungsanteile oder die Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Darüber hinaus haben sich Ertragsverbesserungen bei den Elternbeiträgen in der Kindertagespflege ergeben sowie bei der Erstattung durch die Umlandgemeinden, so dass insgesamt höhere Erträge in Höhe von rd. 7,5 Mio. EUR zu verzeichnen waren (Zellen D14-D16).
Durch die Einführung des gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbeitrags von 5,66 EUR je Betreuungsstunde, hat es eine finanzielle Entlastung für die Eltern im Ü3-Bereich gegeben. Die daraus resultierenden Ertragsausfälle hat die Hansestadt Lübeck den Trägern erstattet. Im Zeitraum 08-12/2020 (der Beitragsdeckel trat bereits zum 01.08.2020 in Kraft) beliefen sich diese Erstattungen auf 761 TEUR, für das Jahr 2021 waren es 1,1 Mio. EUR.
- Wie hoch waren die tatsächlichen Ausgaben der Hansestadt Lübeck durch die Auswirkungen der KiTa-Reform und wofür sind diese konkret angefallen?
Antwort:
Der reformbedingte Mehraufwand liegt bei rd. 8,5 Mio. EUR, Details können der Anlage entnommen werden (Zellen D41-D50)